Mich trägt mein Traum

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Ophelia
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Ophelia » 10.11.2014, 18:12:12

@armandine: Tja, Anouk ist eben noch nicht lange genug im Showgeschäft, um mit so etwas fertig werden zu können ;)
Aber jetzt kommt die Fortsetzung, viel Spaß. Übrigens hab ich letztens die Idee gehabt, die Geschichte mal aus der Sicht einer anderen Person zu erzählen. Würde euch das gefallen? Und wenn ja, wer darf's sein?

Meine Migräne-Ausrede wurde genau zwei Abende lang geduldet. Aber am Freitag Mittag stand Emmanuel vor meiner Türe. Er klingelte, und auf sein Klingeln, das mich erschrocken zusammenfahren ließ, folgte eine klare Ansage: „Anouk, ich bin’s. Und wenn du nicht willst, dass ich dir deinen Vertrag gekündigt unter der Türe durchschiebe, machst du jetzt sofort auf!“
Niedergeschlagen schlich ich zur Türe und ließ ihn rein. Wortlos musterte er mich, und ich wusste selbst, dass ich schrecklich aussah: zu blass, zu ungekämmt, zu verweint. Gott sei Dank war Emmanuel keiner dieser schreienden, ausrastenden Regisseure. Er legte mir den Arm um die Schulter und führte mich ins Wohnzimmer, als sei nicht er der Gast, sondern ich.
„Anouk, glaubst du nicht, dass du diese… Sache jetzt hinter dir lassen solltest?“, fragte er und reichte mir ein Taschentuch.
„Du weißt also auch davon?“, fragte ich entgeistert.
„Na ja.“ Er räusperte sich. „Es wissen so gut wie alle davon.“
„O Gott!“ Ich zog die Beine an und starrte gegen meine Knie.
„Ich kann verstehen, dass du dich schlecht fühlst, aber… Du kannst nicht ewig vor Alexej davonlaufen. Übrigens hat er mit mir gesprochen; ich soll dir ausrichten, dass es ihm leid tut und so weiter.“ Er klang ein wenig verärgert. „Ich mag es zwar absolut nicht, in einem Streit Partei zu ergreifen, aber abgesehen davon, dass du sehr unverantwortlich gehandelt hast, trifft ihn auch ein großes Maß an Schuld. Ich hoffe, dass das nicht mehr zwischen euch stehen wird.“
„Zwischen uns vielleicht nicht mehr“, erwiderte ich leise, und er stand auf.
„Tja, deine Beziehungsprobleme kann ich leider nicht lösen“, sagte er. „Und jetzt solltest du deine Sachen zusammenpacken und mit ins Theater kommen. Du wirst nämlich schon besorgt vermisst.“

Emmanuels Worte hatten mich Daheim trösten können, aber nun war ich wieder ängstlich und nervös wie an den vergangenen Tagen. Ich verdrückte mich sofort mit meinem Kostüm in meine Garderobe, aber ich war so durcheinander, dass ich vergaß den Body unter das Nachthemd zu ziehen und noch einmal von vorn beginnen musste. Erst, als ich mich vor den Spiegel setzte und mir die Haare zurückklammerte, fielen mir die Briefe auf, die neben meinem Parfum lagen: Fanpost. Sie warteten darauf, gelesen zu werden, zusammen mit einem obenaufliegenden, losen Zettel: dein Fanclub war am Dienstagabend da. Sie wollen ihren Besuch in drei Wochen wiederholen. Daniel. Ich wusste nicht, wie ich diese Worte lesen sollte; vorwurfsvoll, mitleidig oder nichtssagend? Jedenfalls fühlte ich mich noch schlechter, weil ich die Fans enttäuscht hatte, und wagte es nicht, irgendeinen der Umschläge anzurühren. Stattdessen schlich ich in die Maske, aber meine Hoffnung, unbemerkt geschminkt zu werden, zerschlug sich: Lukas wurde gerade verkabelt. Als er mich bemerkte, unterbrach er sein Gespräch kurz.
„Hallo“, sagte ich verlegen und schob mich auf den Platz neben ihn. Unschlüssig, was ich tun sollte, nahm ich eine Haarspange und spielte konzentriert damit herum.
„Schön, dass es dir wieder besser geht“, sagte er munter. „Ich habe deine böse Vampirstimme vermisst.“
Ich lächelte und warf ihm einen kurzen Blick zu. „Danke.“
„Dein Fanclub war am Dienstag da.“
„Ja, ich… hab davon gehört. Dumm, dass ich nicht da war.“
„Ich hab ihnen versprochen, dich nächstes Mal hier zu behalten“, grinste er, und ich musste ein bisschen lachen. „Ich werd mir ganz viel Zeit für sie nehmen“, versprach ich.
Nach dem Schminken blieben mir nur noch wenige Minuten, um mich vorzubereiten; ich sang mich alleine ein und nahm all meinen Mut zusammen, ehe ich meine Garderobe wieder verließ und in den Kreis meiner Kollegen trat. Alexejs Gestalt ragte hoch über allen anderen auf, und ich wandte hastig wieder den Blick ab, weil ich bei seinem Anblick an Liam denken musste und das Gefühlschaos wieder startete. Ich plauderte eine Weile mit der Magda, aber ich wusste kaum, was wir besprachen; als die Overture begann, wurde mir ganz schlecht vor Angst. Zum ersten Mal fühlte ich mich unwohl auf der Bühne, und meine Stimme litt unter den letzten untätigen Tagen und der vielen Weinerei. Hinter der Bühne war ich wütend auf mich selbst – und zum ersten Mal froh, dass der erste Akt für mich so schnell vorbei war. Mein Zusammenspiel mit Alexej kam mir heute sehr nichtssagend vor, ich spürte nicht die sonstige Begeisterung beim Biss oder dem Tanz danach; ich war einfach nur erleichtert und hundemüde, als das Publikum begeistert applaudierte und wir uns zurückziehen konnten. Wir verabschiedeten uns mit den üblichen Floskeln: „Gute Show!“, „Toller Ton!“, „Waren meine Zähne schief?“, „Reihe Sieben hast du eiskalt erwischt!“
„Dein Deutsch wird immer besser“, sagte ich verlegen zu Alexej, als wir uns plötzlich gegenüber standen.
„Ja“, erwiderte er, „danke.“ Dann, nach kurzem Schweigen: „Sind wir wieder Freunde?“
Ich sah ihn an und wich seinem Blick wieder aus. „Okay“, antwortete ich langsam. „Wenn das… kein Problem ist.“
„Ich werde kommen darüber hinweg“, erwiderte er und wandte sich zum Gehen.
„Ach, noch was“, hielt er mich zurück. Ich blieb stehen.
„Ja?“
Er sah kurz nachdenklich aus, ehe er weitersprach. „Er war heute Abend wieder hier. In der Vorstellung.“
Ich blinzelte verwirrt. „Wer?“
Er grinste und ging. „Das Phantom!“, antwortete er über die Schulter.
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Gaefa » 10.11.2014, 19:27:45

Mh. Gut, dass Anouk wieder spielt. Aber ein wenig seltsam ist die ganze Situation doch. Ich hätte fast befürchtet, dass die Beziehung zwischen Liam und Anouk daran zerbricht und sich über lang oder kurz tatsächlich was zwischen Anouk und Alexej entwickelt. Immerhin wäre er mal die ganze Zeit bei ihr. Aber Liam scheint ja noch nicht ganz von der Bildfläche verschwunden zu sein - ich bin sehr gespannt, was das gibt! Bitte bald weiter!
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon armandine » 11.11.2014, 10:06:34

Dass sie wieder spielt, finde ich auch gut - und natürlich auch notwendig. Nur eine kleine sachliche Anmerkung: Das Theater kann von ihr nach zwei Tagen, wie jeder Arbeitgeber, eine Krankschreibung verlangen. Was sie auf gar keinen Fall dürfen, ist, sie persönlich zu kontaktieren, und mit Kündigung drohen wegen Krankheit ist ein absolutes no go.

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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Dori » 12.11.2014, 11:11:24

Ich denke mal, Emmanuel hat das mit der Androhung nicht ganz ernst gemeint, sondern wollte Anouk nur zu einem Gespräch locken. ;)

Ich hoffe, sie findet den Spaß an ihrer Rolle wieder und kann mit Alexej zur "Normalität" übergehen (zumindest so, dass sie normal miteinander spielen können). Echt doof, wenn es im Theater jeder mitbekommen hat.
Bin sehr gespannt, warum Liam da war, irgendwie süß. Er hat die Beziehung wohl noch nicht abgeschrieben!

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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Ophelia » 15.11.2014, 18:50:09

Dori hat geschrieben:Ich denke mal, Emmanuel hat das mit der Androhung nicht ganz ernst gemeint, sondern wollte Anouk nur zu einem Gespräch locken. ;)

So war's auch gemeint ;) Aber das mit der Krankschreibung habe ich gar nicht bedacht, danke für die Anmerkung!
Und hier geht's weiter:

Ich betrat meine Garderobe, nachdem ich etwa fünf Minuten lang unentschlossen davor gestanden hatte. Zuvor hatte meine plötzliche Angst vor einer neuerlichen Konfrontation mit Liam mich in die Maske getrieben, und ich hatte mich dort umgezogen. Jetzt, mit offenen und ungekämmten Haaren, weitem Pulli und Jeans und der kontrastartigen, starken Theaterschminke, kam ich mir hässlich und elend vor. Meine Finger strichen unaufhörlich über die raue, kühle Türklinke, ohne dass etwas geschah. Meine Knie zitterten. Vielleicht ist er nicht mehr da, dachte ich. Vielleicht ist er gegangen, während ich mich umgezogen habe. Diese Vorstellung verursachte zwei gegensätzliche Gefühle in mir – Erleichterung und Schmerz. Erst, als ich Schritte hörte, die langsam näher kamen, rang ich mich dazu durch, die Türe zu öffnen. Nur einen Spalt breit, durch den ich hineinschlüpfte in mein sonst so hoch geschätztes, kleines Theaterreich. Liam saß, in Gedanken versunken und nach vorn gebeugt, auf dem Sofa, aber er sah auf, als ich die Türe hinter mir schloss. Ich blieb stehen, unentschlossen, was ich machen sollte, und wusste nicht wohin mit meinen Händen. Schließlich verschränkte ich sie vor der Brust, aber das kam mir zu abweisend vor und ich ließ sie wieder hängen. Obwohl ich spürte, dass Liam mich die ganze Zeit ansah, konnte ich seinen Blick nicht erwidern. Ich hätte viel gegeben für ein Mauseloch, in dem ich mich für die nächsten paar Jahre verkriechen und an einer Methode arbeiten konnte, Geschehenes wieder rückgängig zu machen. Ich begriff, dass es an mir war, etwas zu sagen. Ich schluckte.
„Ich hätte dir eine schönere Berlinreise gewünscht“, flüsterte ich. Zu mehr war ich einfach nicht in der Lage. Liam stand schweigend auf und ging langsam im Zimmer auf und ab; nach einigen Schritten blieb er an meinem Schminktisch stehen und ich konnte im Spiegel sehen, wie er mit immer noch nachdenklicher Miene meine Sachen umherschob. Erschöpft setzte ich mich auf das Sofa und starrte meine Knie an.
„Ich kann verstehen, wenn du mich jetzt hasst“, fuhr ich leise fort. „Aber du musst mir glauben, ich habe das nie in böser Absicht getan! Ich… habe dich vermisst. Und ich fühle mich ekelhaft und kann mich selbst gar nicht mehr ausstehen. Ich wollte nicht mal spielen heute Abend. Ich wollte diese Rolle haben, und jetzt… scheint sie mein Leben zu zerstören.“ Ich spürte, wie mir schon wieder die Tränen über die Wangen liefen. Mein Gesicht fühle sich schon ganz unangenehm an von der ganzen Heulerei, und mein Kopf begann wie auf Knopfdruck zu hämmern. Als Liam sich wieder neben mich setzte, wurde ich stocksteif vor Schreck. Trotzdem redete ich weiter.
„Ich habe mich einfach einsam gefühlt, und Alexej hat mich irgendwie… beeindruckt. Aber das ganze hat nichts zu bedeuten, gar nichts! Ich konnte ihm ja nicht mal unter die Augen treten, ich bin-“
„Ich weiß“, unterbrach er mich, „ich war da. Gestern und heute.“
Ich schwieg, weil ich das nicht einordnen konnte. Warum war er da gewesen? Was bedeuteten seine Besuche?
Liam interpretierte mein Schweigen richtig. Ich sah, wie seine Hand nach meiner Griff, während meine Finger sich nicht rühren konnten. Ich spürte es vor lauter Verwirrung nicht einmal. In meinem Kopf wirbelten alle Gedanken umher, und ich konnte seine Stimmung nicht interpretieren.
„Ich glaube, ich habe auch einiges… falsch gemacht“, begann er langsam.
„Du?“, fragte ich ungläubig und starrte ihn verdutzt an.
„Na ja – ich war wohl ziemlich selten erreichbar.“
„Das fällt dir ja früh auf“, rutschte es mir heraus. Oh, toll, Anouk – er war gerade dabei, dich wieder gut zu finden, und du machst ihm sofort wieder Vorwürfe!
„Ich schätze, dein… Fehltritt war ein Wink mit dem Zaunpfahl“, gab er zu. „Das und… Sarah.“
„Sarah?“, fragte ich, immer noch recht hilflos. „Was hat meine Rolle damit zu tun?“
Er sah aus, als hätte er in einer anderen Situation gelacht. „Ich meine Sarah aus unserer Klasse“, erwiderte er.
„Sarah aus unserer Klasse?“, wiederholte ich dämlich – und merkte, dass ich schon seit der halben Unterhaltung alles nachplapperte, was er sagte.
„Ja. Sie hat mich regelrecht zur Rede gestellt.“ Er lächelte schwach, dann sah er wieder ernst aus. „Ich schätze, ich war in letzter Zeit ein ziemlich schlechter Freund.“
Darauf erwiderte ich nichts, denn er hatte ja Recht. Allerdings war ich auch kein Muster an Treue gewesen. Draußen auf dem Flur erklangen Schritte, dumpf und schnell, irgendetwas raschelte, Stimmen wehten herüber. Der Wecker auf meinem Tisch tickte leise. Das Geräusch der wandernden Zeiger war schon die ganze Zeit über da gewesen, doch erst jetzt bemerkte ich es. Es schien mir passend, fast wie Musik zu einem Film: der entscheidende Augenblick. Typisch, spannende Szenen mit tickenden Uhren und klopfenden Herzen zu hinterlegen.
Aber das hier war keine Szene, das war echt, und ich würde so gerne wissen, was nun aus uns werden sollte. Ob Liam mich immer noch liebte, so wie ich ihn. Ob er sich von mir trennen würde. Was mit mir passieren würde, falls letzteres eintrat.
Plötzlich bemerkte ich wieder seine Hand, die meine hielt. Wie merkwürdig, dass er das tat. Nach allem. Ich starrte auf unsere Finger, die ineinander verschlungen waren, und fast im selben Augenblick legte er den Arm um mich und zog mich an sich. Ich spürte sein Kinn, das sacht auf meinem Scheitel auflag, das Echo seines Herzschlages unter meiner Wange, die gegen seine Schulter gelehnt war…
„Liebst du mich noch?“, fragte er leise. Und zum ersten Mal war meine Stimme wieder fest und sicher, als ich hastig antwortete: „Ja! Ich glaube sogar… mehr als je zuvor.“ Ich schluckte. „Vielleicht kannst du es schon nicht mehr hören, aber… Es tut mir unendlich leid. Ich will alles wieder rückgängig machen, jetzt sofort.“
„Vielleicht ist es gut, dass alles passiert ist“, sinnierte er. „Sonst hätte ich dich hier verkümmern lassen.“ Er drückte mich an sich. „Okay. Entschuldigung angenommen“, sagte er dann schlicht. Ich konnte es kaum glauben. Sollte ich so glimpflich davon kommen? – Warum fragte ich das noch? Alles war wieder gut! Na ja, fast alles. Ich hätte ihn gerne geküsst, aber ich traute mich noch nicht, und er machte keine Anstalten, sich mir noch mehr zu nähern. Aber seine Umarmung und die Tatsache, dass er mir vergab, machten mich glücklicher als jeder Kuss der Welt.
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Gaefa » 15.11.2014, 19:07:53

Ende gut alles gut? Nein, ich hoffe, dass es sich nicht dem Ende nähert! Sarah scheint eine tolle Freundin zu sein, Anouk kann froh sein, sie zu haben. Schön, dass die beiden sich wieder annähern. Ich hoffe, dass sie sich jetzt öfter sehen und bin gespannt, wie es weitergeht!
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Ophelia » 25.11.2014, 17:44:30

Tadaaa, ein neuer Teil:

Liam hielt sein Versprechen, von nun an mehr an unserer Beziehung zu arbeiten, und blieb bis Sonntagmittag. Er hatte es einrichten können, dass er erst wieder die Abendvorstellung am Sonntag spielen musste, und wir nutzten das gute Wetter und spazierten ziellos durch Berlin. Es tat gut, nach seiner Hand zu greifen und wie ein fast normales Pärchen durch die Hauptstadt zu schlendern. – Fast normal, weil wir inzwischen doch manchmal erkannt wurden. Einige fragten lediglich nach: „Entschuldigung, sind Sie nicht das Phantom?“ oder „Habe ich Sie nicht letztens im Theater des Westens gesehen?“, andere wollten ein Autogramm, ein Foto oder ein kleines Gespräch. Es fühlte sich seltsam an, zu erkennen dass wir ein Teil ihrer Welt, ihres Lebens waren; dass sie vielleicht ihre Fotos ins Internet stellen und schreiben würden: ich habe Anouk Steger getroffen!, #liamfields in Berlin!! Und so ähnlich. Ich merkte, dass ich damit irgendwie klarkommen musste – ich konnte damit leben, einen Namen in dieser Branche zu haben.
„Kommst du heute Abend wieder in die Vorstellung?“, fragte ich, als wir am Fernsehturm empor schauten.
„Ich weiß nicht“, antwortete er, „ich würde gerne. Allerdings machen mich diese Besuche arm!“
„Irgendwie werde ich dich da schon reinschmuggeln können“, entgegnete ich scherzhaft. „Vielleicht bekommst du ja einen Backstage-Pass. Es ist bestimmt gute Werbung, das Phantom bei den Vampiren zu haben – wenn wir damit argumentieren, kannst du bestimmt einen Blick hinter die Kulissen werfen. – Wenn das kein Problem ist“, fügte ich kleinlaut hinzu, weil mir einfiel, dass er ja dann zwangsläufig auf Alexej treffen würde. Ihm schien das gleiche in den Sinn zu kommen.
„Ich denke, ich sehe nur zu“, erwiderte er nach einer Weile und sah mich an. Zu meiner Erleichterung lächelte er. „Wann kommst du mich wieder besuchen?“
„So schnell es geht!“, versprach ich aus tiefstem Herzen – und nahm mir fest vor, dieses Versprechen zu halten.

Nach diesem aufregenden Wochenende konnte ich am Montag das erste Mal ausgeschlafen und glücklich aufwachen: Liam und ich waren noch zusammen. Er hatte mich zum Abschied geküsst. Er liebte mich, er glaubte mir, dass ich ihn liebte. Das Ensemble tat, als sei nichts geschehen, Alexej näherte sich seiner Kollegenrolle immer mehr an und meine Verlegenheit ihm gegenüber schwand bei jedem Auftritt etwas mehr.
Zeit, alles nachzuholen, was durch die Aufregung auf der Strecke geblieben war. Lindas Unterricht zum Beispiel oder der Workshop an meiner alten Schule. Das erledigte ich zuerst. Ich schrieb eine Mail ans Sekretariat, erklärte die Situation und fragte an, ob noch Interesse an einem Workshop bestehe. Dann klebte ich einen Notizzettel an Lindas Tür, auf dem stand: 16.30 im Keller. Anouk
Bis dahin verbrachte ich den Tag in der Stadt, gönnte mir etwas neues zum Anziehen und genoss das sommerliche Wetter. Anschließend setzte ich mich zu Hause ans weit geöffnete Fenster und begann, einen sehr strukturierten Plan für Lindas Unterricht auszuarbeiten. Zwischendurch wurde ich nur gestört durch die Ankunft einer Mail:
sekretariat@music-arts.de
Betreff: Re Workshop
Sehr geehrte Frau Steger,
zunächst möchten wir Ihnen herzlich für Ihren Erfolg gratulieren, den sie bereits jetzt erzielt haben. Natürlich besteht unser Angebot, Ihnen einen Workshop zu überlassen, immer noch. Wir freuen uns, dass Sie Interesse haben! Anbei senden wir Ihnen einige Informationen zu der Zielgruppe und den angestrebten Kompetenzen:
die 12 Jugendlichen sind zwischen 16 und 23 Jahre alt und haben alle Erfahrungen im Bereich Schauspiel/Gesang/Tanz. Der Workshop kann alle oder nur einen dieser drei Bereiche ansprechen; eine Verknüpfung wäre natürlich optimal.
Falls Sie bereits Ideen haben, bitten wir Sie, diese zu schicken; wenn nicht sind wir gerne bereit, Ihnen einige Anregungen zu geben.
Mit freundlichen Grüßen,
A. Sommer, i.A. Music&Arts Academy

Das hörte sich doch sehr positiv an! Ich beschloss, mir einige Ideen durch den Kopf gehen zu lassen, bevor ich ihnen antworten würde. Stattdessen wurde es langsam Zeit, mich in den Keller zu begeben.
Dort wartete Linda schon auf mich.
„Es tut mir leid, dass unser Unterricht in den letzten Wochen zu kurz kam!“, entschuldigte ich mich. „Ich hatte einige… private Dinge zu klären.“
„Schon okay“, erwiderte sie. „Ich glaube, es ist ziemlich schwer, den Alltag nicht mit auf die Bühne zu nehmen, oder?“
Ich zögerte. „Einerseits hast du Recht“, antwortete ich, „andererseits… ist das eine Sache, die man nicht theoretisch lernen kann. Man muss einfach die Erfahrung machen, von einem Moment auf den anderen… nicht mehr dieselbe zu sein.“ Ich grinste. „Womit wir schon beim Thema der Stunde wären: wir haben deine Stimme auf Hochglanz poliert, jetzt arbeiten wir an Schauspiel und Ausdruck!“
Die Reaktion war, wie erwartet, halb begeistert und halb ängstlich. Wir begannen mit einigen Aufwärmübungen, ehe ich mit der Theorie begann.
„Schauspiel ist kein Hexenwerk“, sagte ich. „Es ist eigentlich etwas ganz natürliches, wie ich finde. Denn was machen wir schon? Wir stellen Emotionen dar – Emotionen, die jeder schon einmal gespürt hat. Die großen Bühnenszenen basieren alle auf alltäglichen Gefühlen. Romeos Tod – Trauer! Emilia Galottis Selbstmord – Verzweiflung! Sarahs Flucht zu Krolock – typisch jugendliche Trotzreaktion! Die wichtigste Grundlage ist, natürlich neben ein wenig Talent, sich selbst zu kennen. Zu wissen, wie sich Trauer anfühlt. Manchmal passiert es, dass du mit einer Rolle verschmilzt, dass du die Emotionen nicht nur spielst sondern wirklich fühlst. In der nächsten Stunde werden wir damit anfangen, kleine Szenen zu improvisieren oder nachzuspielen. Bis dahin möchte ich dich bitten, dass du jeden Abend, bevor du zu Bett gehst, alle markanten Emotionen des Tages kurz beschreibst: warum hast du dich so gefühlt? Wie hat es sich genau angefühlt?“
Linda sah mich kurz zweifelnd an, dann nickte sie langsam. „Okay“, antwortete sie langsam. Wir fuhren mit ein paar Liedern fort, bei denen sie sich jedoch wieder vor den Spiegel stellen und die Emotionen übertrieben darstellen sollte. Am Ende der Stunde fragte ich: „Wie sieht es eigentlich aus mit Bewerbungen? Du scheinst dein Abitur ja gut hinter dich gebracht zu haben.“
„Ja, Schnitt 1,6“, sagte sie stolz. Ich lächelte.
„Darauf wird es nicht unbedingt ankommen“, entgegnete ich.
„Ich weiß. – Ich habe schon ein paar Schulen herausgesucht, aber… vielleicht kannst du mir bei der Auswahl behilflich sein?“
„Oje!“ Ich lachte. „Jetzt muss ich wohl das nachholen, was ich verpasst habe. Aber natürlich helfe ich dir.“
Sie lächelte, nervös und erleichtert. „Danke!“
„Keine Sache. Aber ich denke, für heute machen wir Schluss." Denn ich musste mich ja noch um meinen Workshop kümmern!
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Gaefa » 25.11.2014, 18:00:35

Ein schöner und mal zur abwechslung recht ereignisloser Teil - und das ist positiv gemein! Keine schlimmen Ereignisse, sondern einfach ein wenig Normalität, was Anouk nach den Aufregungen der letzten Zeit wirklich gut tut! Ich hab mich sehr gefreut, dass es weitergeht und bin auf den nächsten Teil schon gespannt!
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon little miss sunshine » 25.11.2014, 22:26:32

Gaefa hat geschrieben:Ein schöner und mal zur abwechslung recht ereignisloser Teil - und das ist positiv gemein! Keine schlimmen Ereignisse, sondern einfach ein wenig Normalität, was Anouk nach den Aufregungen der letzten Zeit wirklich gut tut! Ich hab mich sehr gefreut, dass es weitergeht und bin auf den nächsten Teil schon gespannt!

Da kann ich nur zustimmen:Es ist schön,dass Anouk sich jetzt einfach mal in Ruhe um ihre Rolle,ihre Stunden mit Linda,die Planung des Workshops und um die Beziehung mit Liam kümmern kann -ist ja eigentlich eh schon genug^^.

Ich bin gespannt,was dir noch so einfällt...;-)
Is this the real life, is this just fantasy...

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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Dori » 26.11.2014, 20:52:30

Ich sehe das auch so wie die anderen - schöne Normalität!
Liam hat sich wirklich sehr angestrengt, da darf sich Anouk jetzt nicht zurückhalten. Ich bin gespannt!

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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon armandine » 26.11.2014, 22:17:06

Gefällt mir auch sehr gut! Wie schön, dass die Beziehung der beiden überlebt hat. Und von Linda würde ich auch gerne mehr hören!

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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Ophelia » 08.12.2014, 19:17:04

Jetzt musstet ihr lange warten! Hier ist der neue Teil:

Ich beschloss, mich beim Workshop vollkommen auf Gesang und Schauspiel zu konzentrieren. Ich telefonierte mit meiner alten Schule, weil ich das Hin- und Herschicken von Mails doch zu umständlich fand, und wir einigten uns darauf, die Workshops in den Sommerferien zu geben – so würde ich genug Zeit haben, meinen Urlaub zu organisieren sowie den Workshop zu überdenken.
Doch erst einmal hatte ich dazu kaum Zeit, denn einige Neuigkeiten und Termine prasselten in den nächsten Tagen auf mich ein: als erstes traf ich meine Kollegen teilweise recht erfreut und erwartungsvoll an, während sie in der Maske die Köpfe zusammensteckten.
„Was ist los?“, fragte ich, als Lukas sich von den anderen löste. Er grinste mich an.
„Brandneue Topinformation nur für Insider“, erklärte er. Ich schürzte die Lippen.
„Ach so. Dann nicht.“
Er verdrehte die Augen. „Du bist ein Insider, Anouk. Ich meinte damit: eine Neuigkeit nur für Musicaldarsteller.“
„Ein neues Musical“, schlussfolgerte ich.
„Nicht ganz.“ Er grinste noch breiter. „Eben hab’ ich’s erfahren: Elisabeth wird nach Düsseldorf kommen, und zwar für rund ein halbes Jahr! Das ist meine Chance!“
„Deine Chance?“, erwiderte ich verdattert. „Du willst uns verlassen? Für wen, für Rudolf?“
Er sah zu den anderen und zu mir. „Ja, für Rudolf.“
Ich konnte mir Lukas nicht als Rudolf vorstellen. Er war immer so ein niedlicher Alfred.
„Ich glaube, ich habe bei einer Audition gute Chancen“, fuhr er fort. Ich sah ihn an und lächelte. „Ja“, antwortete ich, „ich glaube auch!“
Ich vergaß die Unterhaltung, beziehungsweise die Neuigkeit, dass Elisabeth nach Düsseldorf kommen würde. Denn nach der Show wurde ich einer Dame namens Caroline Klein vorgestellt, die – wie mir einfiel, nachdem sie sich vorgestellt hatte – eine Talkshow im Morgenfernsehen leitete.
„Frau Steger, wir würden uns sehr freuen, Sie in unserer Sendung am Samstagmorgen zu begrüßen, zusammen mit Herrn Ivanow!“
Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Jedenfalls fiel ich vor lauter Freude nicht gleich vom Hocker.
„Am Samstag“, wiederholte ich. „Äh, ich – denke, ich muss erst mit meiner Agentin sprechen…“
Sie lachte. „Das ist schon geregelt! Frau Steger, Samstagmorgen im Studio, ja? Ich freue mich! Den Ablauf bekommen Sie noch zugeschickt!“ Sie wandte sich an den Bühnenarbeiter, der sie begleitet hatte. „Und jetzt würde ich gerne hinter die Kulissen sehen!“
„Ganz schön aufdringlich, was?“, fragte Alexej, als sie weg war. Ich starrte ihr nach.
„Im Fernsehen“, murmelte ich fassungslos. „Ich war noch nie im Fernsehen!“
Er runzelte die Stirn. „Aber es gab doch bestimmt Berichte über Rebecca?“
„Schon, aber… da war ich nie live dabei!“ Ich legte die Arme um mich. „Wenn sie mich jetzt was fragt und ich dumme Antworten gebe? Dann ist mein guter Ruf dahin!“
Er lachte. „Na, wir müssen ja nicht alles erzählen, wenn sie fragt, wie wir zueinander stehen.“
Ich grinste gequält. Da hatte er definitiv Recht!

Nur zwei Tage später bekam ich den Ablauf für die Sendung: Alexej und ich würden nach der Werbepause auftreten, indem wir einfach gemeinsam auf dem roten Sofa sitzen würden. Das Interview sollte nicht länger als fünfzehn Minuten dauern, und anschließend würden wir eine gekürzte Fassung von Totale Finsternis singen. Ich war aufgeregt! Als ich Liam davon berichtete, versuchte er mich zu beruhigen.
„Es ist gar nicht schwer!“, beschwichtigte er mich. „Die Fragen richten sich meistens an deine Arbeit, ein bisschen an dein Privatleben: was du so nebenbei machst, wie du zur Ausbildung gekommen bist…“
„Ich hoffe, ich stammle nicht herum!“, bangte ich.
„Ich werde auf jeden Fall einschalten!“, versprach Liam. „Und die Daumen drücken!“
Der Samstag kam schneller, als mir lieb war. Und plötzlich fand ich mich auf dem roten Sofa wieder, neben Alexej, alle Kameras und Lichter auf mir, und auf eine Ansage hin setzte die Moderatorin ihr Lächeln auf.
„Herzlich willkommen, liebe Zuschauer, hier beim Morgenfernsehen Punkt 9. Heute zu Gast sind bei mir Anouk Steger und Alexej Ivanow, schönen guten Morgen!“
Wir grüßten beide zurück, als hätten wir sie nicht eben schon gesehen.
„Ja, liebe Zuschauer, vielleicht kennen Sie die beiden ja aus dem Theater des Westens, dort stehen sie nämlich im Musical Tanz der Vampire auf der Bühne, und zwar als Krolock und Sarah.“ Sie betonte jedes dritte Wort gewichtig, wie es Moderatoren eben machten.
„Anouk, Sie haben ja schon in einigen Musicals mitgespielt. Ist die der Sarah denn ihre Traumrolle?“
Ich gab mir Mühe, nicht zu stammeln, sondern freundlich zu schauen und souverän zu sprechen. „Tanz der Vampire ist auf jeden Fall eines der Musicals, die ganz oben auf meiner Liste stehen, und ich bin wirklich glücklich, seit einigen Monaten die Hauptrolle spielen zu dürfen“, antwortete ich.
„Sie haben ja auch schon vorher im Ensemble mitgewirkt. War das eine große Umstellung für Sie, so vom Vampir zur Wirtstochter aufzusteigen?“
„Eigentlich nicht. Ich hatte ja auch das Cover der Sarah, einige Male durfte ich sie also spielen und hatte schon ein paar Erfahrungen mit der Rolle.“
Die Moderatorin richtete das Wort nun an Alexej, fragte ihn über die Produktion in Russland aus, über die deutsche Sprache, uns beide über unseren Alltag, mich über meinen Werdegang – alles wie erwartet.
„Bevor wir jetzt in die Werbung gehen“, beendete sie das Interview, „noch eine Frage, Anouk: ist es wahr, dass Sie mit Liam Jordan liiert sind, der ja das Phantom der Oper in Hamburg spielt?“
Ich musste lächeln. „Ja, das stimmt.“
„Wie gestaltet sich denn so eine Beziehung? Man hat ja als Darsteller nicht immer viel Zeit füreinander.“
„Ach, ich denke, es ist einfach wichtig, regelmäßig in Kontakt zu stehen. Wir besuchen uns ab und zu, schauen uns manchmal die Shows an… Das klappt schon ganz gut.“
Die Moderatorin nickte und lächelte und wandte sich wieder ganz den Kameras zu. „Ja, meine Damen und Herrn, wir machen jetzt ein paar Minuten Pause, und dann werden Anouk und Alexej noch einen Song präsentieren. Bleiben Sie dran!“
Den Song brachte ich wie das Interview relativ sicher hinter mich. Trotzdem war ich nach dem Auftritt etwas ernüchtert: alles, was ich gesagt hatte, erschien mir plötzlich so oberflächlich, wie ich es einst vorhergesehen hatte. Meine Ausbildung hörte sich wie ein Kinderspiel an. Die Moderatorin hatte sogar gesagt: „Das war unglaubliches Glück!“ Irgendwie war nie von Leidenschaft am Spielen und Singen die Rede gewesen. Allerdings hatte ich kaum Zeit, mich weiter damit zu befassen, denn kaum aus dem Studio, klingelte mein Handy los: Liam.
„Hallo!“, sagte ich. „Und, hast du die Show gesehen?“
„Habe ich“, antwortete er. Er klang angespannt. Mein Herz schlug höher – hatte ihm etwas nicht gepasst?
„Ist etwas passiert?“, fragte ich.
„Ja“, erwiderte er. „Ich habe gerade erfahren, dass ich das Phantom nur noch bis Ende August spiele!“
Was ich rette, geht zu Grund
Was ich segne muss verderben
Nur mein Gift macht dich gesund
um zu leben musst du sterben

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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Gaefa » 08.12.2014, 20:14:06

Oh ein neuer Teil - juhu! Ich freue mich, dass es weiter geht. Spannend mit dem Fernsehinterview, aber sie haben es ja wirklich souverän gemeistert. Ich hätte auch gern eingeschaltet ;) Oha, das Phantom neigt sich dem Ende seiner Spielzeit zu. Bekommt Anouk jetzt doch Interesse an Elisabeth? Als Phantom-Darsteller hat Liam sicherlich gute Chancen auf eine Rolle, vielleicht als Tod? oder Lucheni? Ich bin sehr darauf gespannt, wie es weitegeht und hoffe, dass du uns dieses Mal nicht so lange warten lässt ;)
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon little miss sunshine » 09.12.2014, 18:25:13

Gaefa hat geschrieben:Oh ein neuer Teil - juhu! Ich freue mich, dass es weiter geht. Spannend mit dem Fernsehinterview, aber sie haben es ja wirklich souverän gemeistert. Ich hätte auch gern eingeschaltet ;) Oha, das Phantom neigt sich dem Ende seiner Spielzeit zu. Bekommt Anouk jetzt doch Interesse an Elisabeth? Als Phantom-Darsteller hat Liam sicherlich gute Chancen auf eine Rolle, vielleicht als Tod? oder Lucheni? Ich bin sehr darauf gespannt, wie es weitegeht und hoffe, dass du uns dieses Mal nicht so lange warten lässt ;)

Dem kann ich mich eigentlich nur anschließen. Das TV-Interview gefiel mir auch sehr gut - genauso wie die Tatsache,dass mal relativ Ruhe herrscht in Anouks Leben (nicht,dass das nicht spannend war,aber ich gönn es ihr :handgestures-thumbupright: ).
Bin auf jeden Fall gespannt,wann und wie es weitergeht!
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Dori » 11.12.2014, 11:30:36

Ich schließe mich ebenfalls den anderen an. ;)
Ich bin gespannt, ob "Elisabeth" für Anouk oder Liam eine Rolle spielen wird...

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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon armandine » 11.12.2014, 16:28:05

Na das ist ja wieder ein gemeiner Cliffhanger! Lass uns nicht zu lange warten!

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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Ophelia » 14.12.2014, 15:32:56

Wow, viele Kommentare - danke :)
Nun geht's auch schon weiter:

„Was?“, fragte ich, plötzlich seine ganze Niedergeschlagenheit verstehend. „Aber… warum?“ Ich bemerkte im selben Augenblick, wie dämlich die Frage war. Warum wohl? – Weil sie jemand Neues brauchten. Neue, vielleicht berühmtere Stimmen. Abwechslung, um ihre hohen Preise zu rechtfertigen.
„Sie verlängern den Vertrag nicht“, erklärte er. „Ich habe es eben erst erfahren und bin noch ziemlich platt. Klar sind es noch einige Monate bis zur Derniere, aber… Wie soll ich in so kurzer Zeit ein neues Engagement bekommen?“ Er hörte sich bedrückt an.
„Oh, Liam, das tut mir so leid für dich!“, sagte ich. „Ich weiß, wie gerne du beim Phantom bist. – Gibt es nicht die Möglichkeit, ins Ensemble zu wechseln? Wenigstens, bist du einen neuen Job hast?“
„Wie stehe ich denn vor den Fans und Kollegen da?“, entgegnete er. „Der Mann, der vom Phantom zum Namenlosen in der dritten Reihe wurde. Na, vielen Dank! – Nein, nein. Ich… muss da jetzt irgendwie durch.“ Ich hörte, wie er tief einatmete, und sah ihn im Geiste, wie er sich mit der Hand durch die hellen Haare fuhr. „Ich schätze, ich werde mich so schnell wie möglich mit meiner Agentin zusammensetzen und nach etwas Neuem Ausschau halten. So ist das Geschäft halt.“
Ich hätte gerne gesagt, er solle noch einmal mit seinen Vorgesetzten reden, aber ich wusste selber, dass das nichts bringen würde. Denn er hatte Recht: unser Geschäft war hart – und manchmal auch unfair.
„Was gibt es bei dir Neues?“, fragte er, offenbar um sich abzulenken. „Außer, dass du dein erstes und wirklich cooles TV-Interview hinter dir hast!“
„Ach, eigentlich nichts“, erwiderte ich, und ließ den Gedanken, der immer wieder in meinem Kopf aufblinkte, unbeachtet. „Zum Glück ist bei mir alles okay. Hey, bevor du gehst, will ich dich aber noch mal als Phantom sehen!“
„Ich werde versuchen, dir eine Karte für die Derniere zu sichern!“, versprach er.

Ich stand in meiner Garderobe und sang mich ein, während ich gleichzeitig meine Haare zusammenband und über Liam nachdachte. Nur für den Schlusston hielt ich kurz inne – sogar meine Gedanken hörten auf zu rotieren – und sang einen fulminanten letzten Ton. Kurz darauf klopfte es an der Türe.
„Ja?“, rief ich. Lukas steckte den Kopf herein.
„Ich wollte nur nachsehen, ob bei dir noch alle Gläser heil sind“, witzelte er. „Meins ist zerbrochen, als ich vor deiner Tür stand.“ Er betrat endgültig die Garderobe und rieb sich übertrieben die Ohren. Dann sah er stirnrunzelnd auf den laufenden CD-Player.
„Soso, Elisabeth hörst du, ja?“
„Ja, nur so aus… Spaß.“
„Klar.“ Er bückte sich und zog seine Strümpfe zurecht. „Wollen wir nicht gemeinsam zur Audition gehen?“
„Was?“ Ich starrte ihn an.
„Na ja, ich glaube, Elisabeth ist eine große Chance“, erklärte er. „Selbst, wenn man nur im Ensemble spielt. Ich werde-“
„Ich möchte aber nicht hier weg!“, unterbrach ich ihn. „Ich möchte Sarah sein.“
„Du weißt, dass das nicht für immer und ewig geht, oder?“
Mein Herz begann zu rasen. Wusste er etwas, hatte er etwas gehört? Wollte Emmanuel mich ersetzen – so wie Liam?
„Soll das heißen“, begann ich langsam und mit zittriger Stimme, „dass ich nicht mehr lange hier spiele? Werde ich auch ausgetauscht?“ Die Vorstellung war zu schrecklich. Lukas sah mich irritiert an.
„Wie kommst du denn auf den Blödsinn?“, fragte er nach einer Weile.
„Ich dachte nur. Du sagst ja, ich solle unbedingt zur Audition – zumindest kam es so rüber.“
„So ein Quatsch!“, widersprach er lachend und legte mir den Arm um die Schulter. „Wenn du hier glücklich bist, bist du hier glücklich! Ich will dich doch zu nichts zwingen! Aber ich werde meine Chance ergreifen!“ Er machte eine Siegerpose. „Ich werde Rudolf!“
„Jetzt bist du erst mal Alfred“, erwiderte ich trocken – und sehr beruhigt. „Und ich Sarah, und deshalb sollte ich schleunigst in die Maske!“

Die heutige Vorstellung war seltsam – ich war seltsam. Ich hatte so ein komisches, nervöses Gefühl – nicht vergleichbar mit Lampenfieber. Es war, als ob meine Gedanken sich selbstständig machten und mich nicht mehr an ihren Gängen beteiligten. Ich entdeckte eine neue Energie auf der Bühne, die mich traurig stimmte, und musste sogar während des Gebets ein bisschen weinen. Wahrscheinlich Nachwirkungen von meiner Unterhaltung mit Lukas, dachte ich. Er hatte mich wirklich ganz schön erschrocken!
Trotzdem ertappte ich mich dabei, wie ich nach der Show klammheimlich meinen Laptop hervorzog und in meiner Garderobe ins Internet ging. Nur mal gucken. Das kann ja nicht schaden. Meine Finger tippten wie von selbst den Suchbegriff ein. Und klickten auch das erste Ergebnis an. Neugierig las ich die Rollenbeschreibung durch und überflog, nur so, die Auditiontermine. Hm, eine ganze Menge freier Plätze. Hätte ich da nicht sogar Urlaub? – Eine gute Gelegenheit, auch mal zu Hause vorbeizuschauen… Ich riss mich vom Bildschirm los und starrte auf mein Handy. Was war nur los mit mir? Machte ich mir etwa ernsthaft Hoffnungen, als Elisabeth genommen zu werden? Immerhin war das mehr als unwahrscheinlich bei der Vielzahl von Bewerberinnen. Und Sarah für eine Ensemblerolle aufgeben…? Mir kam eine Unterhaltung mit Marius in den Sinn. Er hatte behauptet, ich könnte viel mehr schaffen als „nur“ die Sarah, wenn ich mich anstrengte. Wenn ich es wirklich wollte.
Die Frage war nur: was wollte ich? Mein Finger tippte immer auf dem Handy-Display auf den Kontakt meiner Agentin, Viktoria. Plötzlich war ich unsicher und unentschlossen, denn Lukas hatte ja Recht: auf keinen Fall würde ich für immer hier bleiben können. Es musste ein Danach geben, denn sonst… Und war Elisabeth nicht die Chance, Neues kennen zu lernen, meine Chancen auf dem Markt zu verbessern? Langsam senkte sich mein Daumen auf den grünen Hörer, und mit einer entschlossenen Bewegung tippte ich ihn an und hielt mir das Handy ans Ohr. Als ich wartend in den Spiegel sah, stimmte mich der Anblick meines Kostüms bereits jetzt ein wenig traurig.
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon Gaefa » 14.12.2014, 16:06:52

Juhu, es geht weiter! Das sind ja spannende Entwicklungen. Sag mal, wie viel Zeit ist vergangen, seit die beiden je bei ihrem Engagement begonnen haben? Wird es nicht irgendwann auch Zeit, dass die Stücke gewechselt werden? So wirklich ewig spielt ja heute nichts mehr an einem Ort (abgesehen von KdL oder StEx ;) ). Ich bin weiterhin gespannt, ob sich bei Elisabeth nicht eine Chance für Anouk und Liam auftut, zusammen auf der Bühne zu stehen. Bitte bald weiter!
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon little miss sunshine » 14.12.2014, 22:17:07

Elisabeth ist ein tolles Stück! Ich hoffe auch,dass Anouk und Liam dort beide unterkommen - auch wenn es (erst mal) nur eine Rolle im Ensemble ist :)
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Re: Mich trägt mein Traum

Beitragvon armandine » 15.12.2014, 16:15:52

Spannend, spannend. Aber als erstes sollte sie doch wohl Liam raten, sich da zu bewerben, oder?


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