So, jetzt gehts hier auch mal wieder endlich weiter Das kreative Tief ist vorbei... Viel Spaß
3. Kapitel
Und so würde ich den Sommer, in dem ich gerade siebzehn Jahre alt geworden war, auf dem wundervollen alten Gut Manderley verbringen.
Danny half mir, meine Sachen zu packen – genauer gesagt, sie war diejenige, die meine Sachen packte, denn ich saß nur daneben, richtete meine Haare und überlegt, wie das von meinen Eltern vielgerühmte Manderley wohl aussehen mochte.
Vor meinem geistigen Auge sah ich ein altes, riesiges Herrenhaus mit einem Kiesparkplatz, in dessen Mitte ein Springbrunnen mit steinernen Figuren stand. Stallungen mit herrlichen Pferden säumten dieses Gebäude meiner Fantasie und in den Gärten blühten die schönsten Rosen.
Die Räume im Inneren waren groß und prunkvoll und an den hohen, schmalen Fenstern standen Orchideen. Ja, Orchideen würde es dort geben. Selbst wenn sie jetzt noch nicht dort waren; spätestens wenn ich Maxim heiratete würde es dort Orchideen geben. Ich liebte diese Blumen, die so viel mit mir gemeinsam hatten. Sie waren wunderschön, und ich wusste, dass ich das auch war.
Sie brauchten nur selten Wasser – auch um mich musste man sich nicht kümmern, damit ich so schön blieb wie ich war. Und sie strahlten etwas Geheimnisvolles aus – Danny hatte oft gesagt, dass das auch bei mir der Fall war.
Ich erzählte Danny von meinem Traum von Manderley, wie es aussehen sollte und sie lächelte stumm.
»Ach, Miss Rebecca, ich war dort schon. Glauben Sie mir, es ist ein Haus von besonderem Flair. Aber mit Ihren Träumen hat es herzlich wenig zu tun.«
»Ich verbiete dir, das zu sagen, Danny!«, rief ich heftig. »Manderley wird so sein, wie ich es mir vorstelle – wenn nicht jetzt, dann doch spätestens, wenn ich mit Maxim verheiratet bin. Du wirst schon sehen!«
Danny sah mich mit einem nicht zu deutenden Gesichtsausdruck an und sagte nichts.
Ungeduldig saß ich im Auto und sah gespannt aus dem Fenster. Bei der letzten Pause hatte der Chauffeur gesagt, dass wir in zwei Stunden da sein müssten – und wir waren seit gut eineinhalb Stunden wieder unterwegs. Bald müsste Manderley auftauchen, das hatte auch Danny gesagt, die neben mir saß und meine Zappelei mit einem missbilligenden Blick quittierte.
»Sitzen Sie still, Miss Rebecca«, wies sie mich schließlich an. »Wenn Sie hier auf und ab hüpfen, macht das die Fahrt auch nicht schneller – es wird nur Ihre Frisur kaputtgehen.«
Bei der Aussicht, meine aufwändige Hochsteckfrisur, die mein hübsches Gesicht so gut zur Geltung brachte, könnte ruiniert werden, hielt ich schleunigst still, was mir aber schwer fiel.
Ich begann ungeduldig auf meinen Nägeln herumzukauen aber als Danny anhob, eine Strafpredigt zu halten, versteckte ich meine Hände schnell hinter dem Rücken.
»Miss Rebecca«, seufzte sie mit einem Kopfschütteln. »Das hatten Sie sich doch schon lange abgewöhnt.«
Ich setzte zu einer schuldbewussten Antwort an, aber in meinem Augenwinkel sah ich etwas und deutete aufgeregt aus dem Fenster.
»Da, sieh nur, Danny! Das muss Manderley sein, nicht wahr? Oh, es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe!«
Beinahe andächtig betrachtete ich das große Gebäude, das sich einige hundert Meter vor mir erhob. Es war sehr alt, das sah man, aber es strahlte eine große Würde aus, beinahe wie eine alte Frau, die das Oberhaupt ihrer Familie war und sich trotz ihres Alters immer aufrecht hielt und eine große Autorität besaß.
Danny zog die Augenbrauen hoch. Sie wollte etwas sagen, überlegte es sich dann aber doch anders und schwieg.
Als wir auf den Parkplatz fuhren und ich das Hauptgebäude von Manderley aus der Nähe sah, war ich etwas enttäuscht. Ja, dieses Haus hatte eine unvergleichliche Ausstrahlung, aber es war grenzenlos vernachlässigt. Wenn ich daran dachte, was man aus diesem Haus machen könnte, packte mich die Wut.
Wie konnte man nur so blind sein, nicht zu sehen, was man aus Manderley machen konnte? Ich war mir sicher, dass die de Winters mehr als genug Geld hatten, um es zu renovieren.
Aus dem großen Haupttor traten mir der alte Mr de Winter und Maxim entgegen. Beide lächelten und Mr de Winter begrüßte mich und Danny mit einem freundlichen Kopfnicken, während Maxim mir höflich die Hand küsste.
Das war der Moment, in dem ich entschied, ihn ab sofort Max zu nennen. Maxim war viel zu locker und passte nicht zu diesem jungen Mann, der im schwarzen Anzug vor mir stand und so hartnäckig die Form wahrte, obwohl ich ihm ansah, was er jetzt am liebsten getan hätte.
Aber diese Gedanken schob ich schnell beiseite – schließlich war ich ein junges Mädchen aus gutem Hause. Zumindest, bis wir verheiratet waren.
Ja, ich würde Max von meinem Leben in London erzählen. Von den Männern, die ich dort hatte und die aufzugeben ich nicht beabsichtigte. Von den ausgelassenen Partys, die ich ohne Wissen meiner Eltern besuchte und von den Menschen, mit denen ich dort befreundet war.
Er würde das ertragen müssen. Er war so steif und förmlich. Was konnte er schon tun?
Ich bezweifelte, dass er mir je etwas antun würde. Und eine Scheidung kam sicher nicht in Frage – dazu waren die de Winters zu traditionell.
»Ich freue mich, Sie hier begrüßen zu dürfen... Rebecca«, sagte Max lächelnd. »Willkommen auf Manderley.«
Das Abendessen fand in dem alten, großen Speisesaal statt. Alte Teppiche und Läufer hingen an der Wand und gaben dem Raum etwas Familiäres. Ich sah mich aufmerksam um.
Wenn ich Mrs de Winter war, würden diese Teppiche in die Privaträume verschoben werden. Hier sollten einige der Gemälde hängen, die ich in der marmornen Eingangshalle gesehen hatte. Die Halle sollte freie Wände haben – die Marmormusterung war Schmuck genug und verlieh der schlichten Halle eine imposante Ausstrahlung.
Das Essen war sehr gut und ich lobte höflich die Köchin. Das üppige Buffet war genau nach meinem Geschmack; das würde ich auch später beibehalten.
Später am Abend stand ich im Gästezimmer und packte gemeinsam mit Danny meine Koffer aus. Das riesige Himmelbett passte wunderbar in den Raum und ich beschloss spontan, dass dieses Zimmer später meines sein sollte.
Vom Fenster aus konnte man direkt auf das Meer sehen. Ich ging zum Balkon und öffnete weit die Flügeltüren. Salzige, frische Meerluft strömte herein und das Rauschen der See erfüllte den Raum. Ich stellte mich nach Draußen auf den Balkon, atmete tief durch und ließ den Wind mit meinen inzwischen offenen Haaren spielen. Die Aussicht war atemberaubend; beinahe sehnsüchtig sah ich einer Möwe nach, die über die Bucht flog.
Ich wünschte mir, so frei zu sein wie sie. Beinahe unbewusst breitete ich die Arme aus und als mir eine neue Windbö ins Gesicht peitschte, hatte ich tatsächlich das Gefühl, zu fliegen.
Ich lachte übermütig, schloss die Augen und atmete tief durch. Ich wusste, dass ich mich an dieses Gefühl immer erinnern würde.
Plötzlich fühlte ich eine Hand auf der Schulter. Ich drehte mich ärgerlich um und erwartete, Danny zu sehen, die mich nach Drinnen holen wollte, aber da stand Max. Ich sah ihn überrascht an.
Er lächelte. »Das mache ich auch immer. Ein herrliches Gefühl, nicht?«
Ich wollte erwidern, dann müsse er umso besser wissen, dass dieses Gefühl nicht unterbrochen werden sollte, aber ich stimmte ihm nur zu.
»Ja, es ist wirklich unglaublich. Ich wünschte, das könnte ich immer machen. Man fühlt sich so... frei.«
»Allerdings«, murmelte er. »Freier als jemals sonst...«
Ich sah ihn aufmerksam an. In seinen Augen spiegelte sich die untergehende Sonne, aber ich hatte das Gefühl, das war nicht der einzige Glanz.
Einer spontanen Eingebung folgend, küsste ich ihn auf dem Mund. Max stand den Bruchteil einer Sekunde überrascht da, dann erwiderte er den Kuss.
Ein Klopfen an der Tür ließ uns beide herumfahren. Schnell traten wir wieder ins Zimmer; Max schloss die Balkontür und ich rief, »herein!«
Danny trat ein, sah zwischen uns hin und her und schwieg.
»Ich werde dann gehen«, sagte Max bewundernswert leicht. »Eine gute Nacht, Miss Rebecca, schön, dass Sie sich hier wohlfühlen.«
Die Tür schloss sich hinter ihm.
Später lag ich im Bett, fuhr mit einem Finger das Muster der Bettdecke nach und lächelte verträumt. Ich war zum ersten und, wie ich fühlte, zum letzten Mal verliebt.
Nein, nicht etwa in Max. Er war das Mittel zum Zweck.
Verliebt war ich in Manderley.