Disneys Der König der Löwen
Freitag, 24.8.2012, 20.00 Uhr
So, nach fast elf Jahren Spielzeit in Hamburg habe ich es endlich geschafft, das „schönste Musical der Welt“ (wie man den unzähligen Plakaten in der Stadt entnehmen kann) selber zu sehen. Und: ich bin enttäuscht!
Ja, es ist schön, aber für mich längst nicht das Schönste. Es hat eigentlich das gleiche Manko wie Tarzan: Zu wenig Handlung für die gesamte Spieldauer. Es gibt viele Szenen, die wirklich faszinierend aussehen (z.B. Grasland-Chant) oder einfach so interessant wirken, wie Rafikis Monolog in der (welcher auch immer) afrikanischen Sprache. Für sich genommen toll, aber was das in er Geschichte zu suchen hat, ist mir unklar. Dementsprechend musste ich über Rafikis „Alles *klack* klar?“ zweifach schmunzeln. Passender hätte man die Ratlosigkeit des Publikums nicht ansprechen können.
Aber das für mich Enttäuschenste was die Kürzung im ersten Akt: Das ganze Lied „Der Morgenreport“ ist weg! :'( Ausgerechnet mein CD-Lieblingslied, das ich so gerne endlich auf der Bühne umgesetzt sehen wollte, ist gestrichen. Schade, denn die wenigen Momente, in denen Zazu loslegen konnte, gehören für mich zu den Stärken des Musicals. Auf den Bildschirmen, die u.a. die Szenen und Lieder des Stücks zeigten, steht es sogar noch drauf! >:(
Optisch ist das Stück eine Augenweide. Die Ideen zu den Puppen muss man erstmal haben! Ich bewundere ja die Darsteller, die als Giraffen das Gleichgewicht auf den Stelzen halten oder zu viert als Elefant die Treppe rauf gehen. Lediglich die Tiere, die auf Rad-Konstruktionen gebaut waren, fand ich wenig faszinierend. Ok, vielleicht lag´s daran, dass ich vom Rang aus steil nach unten auf die Konstruktionen guckte. Von der Seite betrachtet ist deren Effekt bestimmt besser.
Klasse waren die „Luftschlauch“-Kakteen, die prompt nach Pumbaas Gepupse Luft verloren und umkippten. Ein Kaktus lag allerdings vorher schon umgeknickt auf der Bühne und ließ sich erst beim zweiten Aufblasen hoch drücken.
Lediglich die „Tarzan“-Einlagen fand ich wenig passend. Rafikis Hereinschweben im zweiten Akt wirkte noch lustig, der Wechsel vom jungen zum erwachsenen Simba hätte mir als fließender Wechsel auf dem Boden besser gefallen. Naja...
Übrigens kann ich den Rang in diesem Theater als Alternative zum teuren Parkett empfehlen. Die Sicht ist echt super, sogar am Rand in der letzten Reihe, lediglich den rechten Perkussionisten konnte ich nicht sehen, dafür den linken um so besser. Auch faszinierend, was er mit seinem riesigen Instrumentarium loslegen muss!
Eine kleine Panne gab´s direkt vor mir. Das Ensemblemitglied, das vorne rechts auf dem Rand einen Vogel schwingt, hat beim Verlassen noch zu viel Schwung auf dem Vogel gehabt. Der ist um das Treppengeländer geflogen und blieb dort auf dem Boden liegen. Da der Darsteller weiter ging, riss der Vogel ab, worauf die Platzanweiserin den Vogel aufhob und hinter dem Darsteller her ging.
Die Hauptbesetzung (Das Ensemble stand nur auf den Bildschirmen und habe ich nicht abgeschrieben. Bei dem schnellen Umblenden brauchte ich schon mehrere Durchläufe, um alle Namen mal zu lesen.):
Rafiki: Thenjiwe Nofemele
Was für eine Stimme! Ich glaube, sie könnte man auch ohne Mikro singen lassen, und sie wäre bestimmt noch gut zu verstehen. Dieses Sprechen mit den afrikanischen Klick-Lauten muss man bestimmt von klein auf lernen!? Beeindruckend! Die Rolle an sich ist im ersten Akt kulturell faszinierender, dafür im zweiten Akt für die Handlung interessanter. Auf jeden Fall hat sie beides sehr gut rüber gebracht.
Mufasa: Darrin Lamont Byrd
Der Mann hat eine sehr liebevolle Art und eine wunderschöne warme Stimme! Von der Ausstrahlung her ein super Löwen-Vater und umsichtiger König. Bei ihm fiel allerdings ein Unterschied zwischen Sprechtext und Liedern auf. Die Lieder klangen sehr flüssig, während die Sprechtexte noch recht mühevoll und gestelzt daher kamen.
Sarabi: Marvette Williams
Ok, die Rolle gibt es, aber viel fällt sie nicht auf, von der Einleitung mal abgesehen. Von oben ist sie von den anderen Löwinnen bei der Jagd nicht zu unterscheiden. Sie darf dann auch kurz mal etwas sprechen (schöne freundliche Stimme), aber sonst kann ich mangels Rollenumfang nichts zu ihr sagen.
Zazu: Joachim Benoit
Der Spaßmacher der Show! Bei ihm konnte ich zuerst den Darsteller ausblenden und auf die Puppe achten. Was er mit dem Vogel anstellt, ist klasse. Vor allem seine Reaktion auf seine „Entlassung“ ist herrlich! Zu schade, dass die Rolle so gekürzt wurde!
Scar: Willi Welp
Fies, gemein, hinterhältig, böse, berechnend, zynisch, egoistisch, machtgierig... Passt alles! Und das war so überzeugend dargestellt, dass es beim Schlussapplaus sogar ein paar „Buh“-Rufe gab. Genial gespielt! Und glatt mal ein bekannter (und aussprechbarer) Name in der Cast.
Junger Simba: Jomo
Holla, was für eine Leistung! Kein Wunder, dass die Kinder monatelang ausgebildet werden, bis sie die Rolle spielen dürfen, Der Junge ist ja fast den ganzen ersten Akt auf der Bühne, muss viel Text beherrschen, mehrere Lieder singen, sich geschmeidig bewegen können... Hut ab! Das so toll schaffen, ohne Hänger oder Stürze ist echt beachtlich! Da ist es auch nicht so tragisch, wenn manche länger zu haltenden Töne doch kürzer ausfallen.
Junge Nala: Lateisha
Das junge Mädchen ist zwar in weniger Szenen beschäftigt, macht dies aber nicht minder eindrucksvoll. Besonders ihre exakte Choreographie bei der Löwenjagd beeindruckte. Gesanglich klang sie sehr jung und frech.
Aufgrund der Uhrzeit waren beide beim Schlussapplaus nicht mehr dabei, was so einige Leute im Publikum erst verwunderte und enttäuschte, bis sie auf die Uhr guckten.
Shenzi: Lungelwa Blou
Frecher Tonfall, herrlich agil und sehr gut zu verstehen. Harmonierte gut mit ihrem Spielpartner.
Banzai: Fredrik Wickerts
Ein weiterer mir bekannter Name in der Cast. Und ebenfalls ein herrlich schräges Tier. Die Körperhaltung möchte ich nicht die ganze Zeit über halten müssen.
Ed: Bathembu Myira
Was für eine schräge Lache! Klasse war, als er hinter Simba her laufen soll und von seinem wiehernden Gelächter plötzlich ins niedliche „üh-üh“ als nein überging.
Timon: Gavin Turnbull
An ihn musste ich mich erst gewöhnen. Im zweiten Akt konnte ich mich besser auf sein Puppenspiel einlassen, während mich in zweiten Akt dieser auffällig grüne Look des Darstellers arg abgelenkt hat.
Pumbaa: Harrie Poels
Herrlich sein Puppenspiel. Und die Gestaltung seines Kopfes fand ich klasse. Er fällt als Mensch in bzw. über der Figur gar nicht auf. Es war lustig, wie er das plumpe, nicht gerade intelligente Warzenschwein spielte. Seine Auftritte ließen einem gleich schmunzeln.
Simba: Benet Monteiro
Der zweite, bei dem es noch etwas mit der Aussprache holperte. Auch bei ihm klappten die Lieder besser als die Sprechtexte (was allerdings nahe liegt, da man bei den Liedern nicht selber die Sprachmelodie beherrschen muss). Vom Schauspiel her sehr schön, besonders die Schuldgefühle wegen seines Vaters Tod und seine Suche nach einem neuen Platz im Leben wurden gut deutlich. Der Wechsel von „Ich habe meinen Vater umgebracht“ zu „Scar war es“ kam ziemlich plötzlich, aber das dürfte von der Regie her in der Szene gar nicht anders gehen.
Nala: Nokubonga Khuzwayo
Schöne, warme aber auch druckvolle und ernste Stimme, gute Bühnenpräsenz und unheimlich geschmeidige Bewegungen zeichnen ihr Rollenportrait aus.
Dirigent: Lukas Höfling
Noch einer der wenigen Namen, die ich glatt mal kannte.
Mein Fazit: Es ist ein schönes Stück, das ich mir durchaus irgendwann wieder ansehen kann. Als schönstes Stück überhaupt möchte ich es nicht bezeichnen, aber das ist zum Glück Geschmackssache. Und hoffentlich ist bis zu meinem nächsten Besuch der „Morgenreport“ wieder dabei!