
Inhalt: Die neunzehnjährige Sabrina hat gerade ihr Abitur hinter sich gebracht und strebt wie ihre große Schwester Dominique eine Karriere als Musicaldarstellerin an. Dieser Traum ist nicht so weit entfernt, wie sie noch glaubt...
Genre: diverse (unterschiedlich)
Disclaimer: Elisabeth gehört den VBW und Kunze/Levay, Geschichte und Charaktere mir
-------------------------------
Kapitel 1 – Jetzt bin ich frei und schwerelos
Endlich, dachte ich, endlich. Ich wunderte mich schon selbst, aber vor lauter Erleichterung, endlich nach dreizehn langen Jahren mein Abiturzeugnis in den Händen zu halten, fiel mir kein anderes Wort mehr ein.
„Sabrina!“ Meine große, hübsche Schwester Dominique kämpfte sich, meine Eltern im Schlepptau, durch die Menge der Schüler und gratulierenden Eltern und drückte mich fest an sich. „Gut gemacht, meine Süße. Ich wusste, du kriegst das hin. Und ein Wahnsinnsdurchschnitt! Du kannst echt stolz auf dich sein.“ Ich grinste. So nett war meine Schwester selten zu mir, aber am Tag meines Schulabschlusses wurde sie doch tatsächlich sentimental. Nicht, dass mich das gestört hätte.
Nun erreichten uns auch meine Eltern. „Dein Zeugnis ist unglaublich, Brina“, gratulierte mein Vater und meine Mutter umarmte mich, sobald Dominique von mir abließ.
„Danke“, murmelte ich. Ich freute mich ja wirklich sehr, endlich fertig zu sein. Aber einen solchen Menschenrummel hatte ich noch nie besonders gemocht.
Langsam realisierte ich, dass ich wirklich nie wieder zur Schule gehen musste, und vor lauter Freude und Erleichterung musste ich mich kurz setzen, weil meine Knie nachgaben. Gott sei Dank standen einige Stühle in der Nähe.
„Was machst du nun?“, wollte meine Mutter wissen, die immer noch mein Zeugnis in Händen hielt und es immer wieder betrachtete, als könnte sie es noch gar nicht glauben. „Hast du dich endlich auf ein Studienfach festgelegt? Ich will dich ja nicht drängen, aber du weißt, nächste Woche ist die Anmeldefrist zu Ende.“
Ich nickte. „Ich weiß. Aber…“ Vorsichtig warf ich einen Seitenblick auf meinen Vater – er würde das, was ich jetzt sagen wollte, wahrscheinlich nicht gut aufnehmen. Aber meine große Schwester, die natürlich schon bescheid wusste, nickte mir aufmunternd zu.
Ich schluckte und holte tief Luft. „Also… Ich habe mich auch noch für was anderes beworben.“ Meine Eltern blickten mich fragend an.
„Für was denn?“, ertönte hinter mir die Stimme meiner besten Freundin Annette. Sie grinste mich an und strich sich die rotbraunen Haare aus dem Gesicht, das vom Laufen noch ganz gerötet war. „Hab ich euch endlich gefunden. Gratuliere zum Abi“, grinste sie. „Also, wo hast du dich beworben?“
Ich lächelte; durch die Anwesenheit meiner Schwester und meiner langjährigen Freundin beruhigt. Sie würden mir schon Rückendeckung geben, sollten meine Eltern es allzu schlecht aufnehmen.
„Also, ihr wisst ja, dass Dominique jetzt dieses neue Engagement bekommen hat, im Ensemble von Elisabeth und als Cover der Hauptrolle. Und da dachte ich mir, sie fangen ja bald mit den Proben an…“ „Übermorgen“, warf Dominique mit einem strahlenden Lächeln ein, „das wird bestimmt fantastisch.“ „Ja“, pflichtete ich ihr bei. „Und deshalb habe ich beschlossen, ein bisschen Theatererfahrung zu sammeln, und… äh…“ Ich nahm allen Mut zusammen und blickte meine Eltern direkt an. „Ich habe mich als Praktikantin für Regieassistenz beworben. Auf die Bühne kann ich natürlich nicht, dafür bin ich nicht gut genug, aber einfach dabei zu sein und so eine Produktion entstehen zu sehen, ist unglaublich für mich. Und Dominique wäre ja auch da und kann auf mich aufpassen.“
Nicht, dass ich einen Aufpasser nötig hätte. Aber zum Glück wusste meine Schwester das so gut wie ich und wir hatten abgesprochen, dass sie die Pro-Forma-Aufpasserin spielen würde, um meine Eltern im Fall der Fälle zu beruhigen.
Eine Weile sagten meine Eltern nichts. Nervös beobachtete ich ihre besorgten Mienen. Obwohl meine Eltern sehr musikalisch waren und Dominique und mich schon als Kinder oft ins Theater oder in die Oper mitgenommen hatten, hatten sie nie gewollt, dass wir einen solchen Beruf ergreifen. Sie hatten Angst, wir könnten nicht davon leben – zugegebenermaßen keine ganz unberechtigte Sorge. Sie hätten es wohl viel lieber gesehen, wenn ich Medizin oder, wie Annette, Lehramt studiert hätte. Schließlich hatten sie sich schon Dominiques Wunsch nach dem Bühnenleben beugen müssen.
Natürlich war ich nicht auf ihre Zustimmung angewiesen – ich war neunzehn Jahre alt; wenn ich einen Job fand, konnte ich mich ohne weiteres auf eigene Füße stellen oder vorübergehend bei Dominique und ihrem Verlobten einziehen.
Aber trotzdem war mir wohler bei dem Gedanken, dass meine Eltern billigten, was ich tat.
Nach einer langen Pause seufzte mein Vater missbilligend. „Hast du dir das auch gut überlegt?“, fragte er streng. Ich hielt seinem Blick stand. „Ja.“
Er hob resigniert die Schultern. „Dann werden wir wohl nichts machen können.“
Ich lächelte triumphierend. Meine Schulzeit war vorbei – und ich begann meine Freiheit mit der schönsten Tätigkeit, die ich mir auf der Welt überhaupt vorstellen konnte! Glücklich umarmte ich meine Eltern und grinste über deren Schultern meine beste Freundin und meine Schwester an, die mein breites Lächeln erwiderten.
Am nächsten Morgen war ich früh wach. Das war keine Überraschung; auch die letzten Tage hatte ich nicht länger als bis sieben Uhr schlafen können. Schließlich wartete ich schon seit einer Woche auf die Antwort des Theaters auf meine Bewerbung, und heute musste sie kommen. Selbst wenn es eine Absage war; sie mussten mir ja vor Probenbeginn Bescheid geben. Außerdem hatten sie mir nach Eingang meiner Bewerbung vor drei Monaten geschrieben, sie würden sich rechtzeitig melden.
Der Tag vor Beginn der ersten Proben war für meine Begriffe die großzügigste Auslegung von rechtzeitig, die es überhaupt geben konnte.
Hellwach und mit schnellem Herzklopfen lauschte ich auf die Geräusche von draußen, um den Briefträger nicht zu überhören. Kaum hatte es gegen halb acht am Briefkasten geklappert, sauste ich im Nachthemd die Treppe hinunter und holte die Post nach oben.
Werbung und Post für meine Eltern warf ich achtlos auf den Küchentisch.
Ich holte tief Luft. Es war tatsächlich ein an mich adressierter Brief dabei; als Absender war das Theater angegeben. Mit zittrigen Fingern riss ich den Briefumschlag so schnell auf, dass ich auch den Brief darin leicht einriss. Hastig entfaltete ich das Blatt und begann zu lesen.
Kaum eine Minute später wurden meine Eltern von einem lauten Triumphschrei geweckt. Ich flog förmlich zum Telefon und klingelte Annette aus dem Schlaf, die sich mehr tot als lebendig meldete – sie war noch nie eine Frühaufsteherin gewesen.
„Ich hab es!!“, verkündete ich. „Ich darf zum Theater, als Regieassistentin bei Elisabeth! Ich hab’s wirklich gekriegt!“ Sofort war meine beste Freundin hellwach.
„Nicht dein Ernst! Das ist ja klasse, alles Gute, Süße! Du, das müssen wir feiern. Ich hol dich heute Abend um sieben ab und dann ziehen wir durch die Clubs, okay?“
Davon war ich nicht sonderlich begeistert. Solche großen Partys waren bisher selten nach meinem Geschmack gewesen. Aber ich kannte Annette – meine beste Freundin war der netteste und nachgiebigste Mensch der Welt, aber es gab Tage, da kam man ihren Plänen besser nicht in die Quere. An ihrem Tonfall erkannte ich, dass heute so ein Tag war.
„Na schön, wir müssen ja nicht zu lange bleiben, und vielleicht können wir danach ja noch was zu zweit machen?“, schlug ich vor. „Vielleicht“, lächelte Annette und dann legten wir beide auf, damit ich auch meiner großen Schwester, der Musicaldarstellerin, noch von meinem Glück erzählen konnte.