Beitragvon Marie Antoinette » 22.04.2007, 12:41:40
So, der vorläufig letzte Teil... weiter bin ich immer noch nicht wirklich gekommen...
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Tatsächlich war das Wetter an diesem Tag schöner als am vorherigen. Es war ein sonniger Tag. Sisis gute Laune war jedoch, obwohl sie hier tatsächlich ungestörter war als in ihren Gemächern, erst einmal verschwunden. Ihre Miene hatte sich im Gegensatz zu dem Zeitpunkt als Andrássy hereingestürmt war, verfinstert. Eine Weile lang gingen sie schweigend nebeneinander her.
„Ich glaube, ich werde schnellstmöglich nach Wien zurückfahren.“ bemerkte Sisi plötzlich.
Andrássy sah sie verwundert an.
„Warum denn das auf einmal? Was ist passiert, dass du mich wie aus heiterem Himmel verlassen willst, Erzsébet?“
„Eigentlich gar nichts, jedenfalls nichts, das ich Ihnen erklären müsste, Graf Andrássy.“ erwiderte Sisi förmlich. „Und es würde mir auch schwer fallen, zu gehen. Nach allem was passiert ist, diesen ganzen glücklichen Stunden, für die ich sehr dankbar bin… Ich habe nur vorhin mitbekommen, dass es da schon jemanden gibt, der sich über uns beide Gedanken macht, dem es eigentlich ganz egal sein sollte. Und bevor das noch schlimmer wird, fahre ich lieber wieder nach Hause“
„Wer macht sich denn Gedanken?“ Andrássy überlegte. „Hat das etwas mit dem zu tun, was der Wachposten gesagt hat? Also von so etwas solltet Ihr Euch nicht beeinflussen und einschüchtern lassen. Ihr seid die Kaiserin von Österreich und so ein Wachposten der zuviel sieht und hört und denkt ist ersetzbar… oder bestechlich.“
Sisi war für einen kurzen Moment richtig geschockt.
„Ich besteche doch keine Wachposten! Dieser Vorschlag ist einfach absurd!“
- „Ich hätte das auch nie vorgeschlagen, Erzsébet“, erwiderte Andrássy und grinste.
„Natürlich nicht. Sie sind ja der anständigste und gesetzestreuste ungarische Graf, den es im ganzen Kaiserreich je gegeben hat“, bemerkte Sisi ebenfalls mit einem Lächeln, dann wurde sie wieder ernst. „Aber Sie sind doch eigentlich hergekommen, um mit mir etwas zu besprechen. Was gibt es denn?“
„Wenn ich offen sprechen darf – es war nicht sehr klug von dir, überhaupt schon von Madeira zurückzukehren. Ich nehme doch stark an, dass du nicht sehr viel davon mitbekommen hast, was im Kaiserreich vor sich geht?“
Sisi schüttelte den Kopf.
„Aber nein, was ist denn das für eine Frage? Bis mich Nachrichten aus Wien erreicht haben, waren sie doch schon längst veraltet…“ – „Und als du nach Wien zurückgekommen bist, hat vermutlich niemand etwas gesagt, oder?“
„Ich erfahre doch nichts von der Politik, das wird doch alles von mir ferngehalten. Ich bin doch nur ein dummes kleines Mädchen, das zufällig Kaiserin geworden ist und von nichts eine Ahnung hat… Natürlich hat man nach meiner Rückkehr von Madeira anders argumentiert – ich sollte mich doch erst mal von der anstrengenden Rückreise erholen und mir über nichts Unnötiges, an dem ich eh nichts ändern könnte, Gedanken machen… Ich hätte eh so viele Sorgen gehabt, seit ich Kaiserin geworden bin… Was soll denn nur diese Fragerei? Ich habe dir doch alles erzählt…Gibt es denn etwas, das ich wissen müsste?“
„Ja, das denke ich schon. Es wird nämlich Krieg geben.“
- „Was?! Das ist jetzt kein Scherz, oder?“
Andrássy schüttelte den Kopf.
„Über so etwas macht man keine Scherze. Die Lage ist sehr ernst. Österreich wird in einen Krieg verwickelt werden.“ - „Aber wie, wie… konnte das passieren?! Ich verstehe das nicht.“
„Dann werde ich es dir erklären. Du hast ein Recht, es zu wissen. Ein Recht, und möglicherweise sogar eine Pflicht.“
Mit diesen Worten begann er ihr genau zu erklären, wie schwierig die politische Lage war
„… Frankreich, England und Russland stehen alle in einer Front. Sie ziehen am gleichen Strang. Im letzten Krimkrieg wurde Österreich neutralisiert, und jetzt steht es ziemlich alleine da. Kein Bündnispartner in Sicht – und der Krieg in Piemont lässt sich nicht vermeiden...“
beendete er nach einer Weile die Erklärung. Nicht das erste Mal war er entsetzt. Wie hatte man Sisi das alles nur verheimlichen können?! Es war doch nicht zu glauben, wie ihr am Wiener Hof mitgespielt wurde…
In diesem Augenblick wünschte sich Sisi auch, sie wäre tatsächlich noch nicht zurückgekommen. Wieder gesund und erholt von der Krankheit und ihrer langen Depression hatte sie es für falsch gehalten, noch lange auf Madeira zu bleiben – und nichtsahnend kehrte sie in unruhige Zeiten zurück.
„Oh nein, das ist ja fürchterlich!“ rief sie aus und schlug entsetzt die Hände vors Gesicht.
Sie war den Tränen nahe.
„Was soll ich nur machen? So viele Unschuldige, die in einem sinnlosen Krieg ihr Leben verlieren werden, und ich bin die Kaiserin und wusste bis gerade eben nichts davon… Warum musste ich das ausgerechnet von dir erfahren?! Du hast gestern gesagt, du kannst es nicht ertragen mich weinen zu sehen… und jetzt erzählst du mir so eine Schreckensnachricht… Der gestrige Tag war ein Traum… und jetzt hat sich alles wieder in einen Alptraum verwandelt… oder nein, das ist die schwere Wirklichkeit.
Andrássy nahm sie in den Arm, um sie zu beruhigen.
„Meinst du es ist mir leicht gefallen? Ich hatte mir auch gewünscht, dass der Grund, weshalb ich dich besuche, ein erfreulicher ist, und…“ – „Hör auf, dir Vorwürfe zu machen. Irgendjemand musste es mir sagen. Vielleicht hätte ich es auch schon gewusst, wenn ich nicht so eine dumme Gans gewesen wäre…“
Der Brief aus Wien war ihr im gleichen Moment wieder eingefallen, den sie einfach zerrissen hatte und wegen dem sie sich fast sogar mit Ida gestritten hatte. Vielleicht hatte er die schlechten Nachrichten, die ihr jetzt Graf Andrássy überbracht hatte, erhalten. „Ich habe nämlich heute wieder einen eiligen Brief von Franz Joseph erhalten, aber ich habe ihn ignoriert…“
„Das war nicht gerade klug von dir.“ – „Ich weiß.“ stimmte Sisi zu. Sie klang wieder etwas gefasster als vorher. „Aber ich wollte nichts mehr von Wien hören. Nicht nachdem was passiert ist.“
„Dann lass uns doch einfach weg gehen, weit weg von diesem ganzen Durcheinander. Du gehst wieder nach Madeira, und ich werde mitgehen. Und wenn sich die Lage beruhigt hat, kommen wir zurück. Vielleicht musst du dann sogar Österreich alleine regieren…“
Wie kommt er nur dazu, so etwas zu sagen?! Das kann er nicht ernst meinen!
„Das geht nicht…“
- „Warum denn nicht?! Wenn ich gewusst hätte, wo du die letzten Monate gewesen bist, hätte ich das nächste Schiff nach Madeira genommen und wäre bei dir geblieben.“