Dieses Mal hats nicht so lang gedauert... aber ist wieder nicht so lang geworden -.- Immerhin habe ich damit endlich die 20.000 Wörter geknackt *freu* viel Spaß beim Lesen =)
Coco> diesmal waren ja doch ein paar Schnitzer drin, und die farbigen Markierungen waren sehr hilfreich
Kapitel 14
Aus dem einen Mal, dass wir uns in unserer Hochzeitsnacht im Dunkeln liebten, waren viele weitere Nächte geworden. Irgendwann hatte er aufgehört, nach dem Grund zu fragen. Solange er die Lilie nicht entdeckte, war alles gut. Nach und nach kam ich mit dem Leben als Gräfin immer besser zurecht. Oliviers Mutter gewann ich lieb, und auch sein Vater schien sich damit abzufinden, dass sein ältester Sohn so weit unter seinem Stand geheiratet hatte. Ich gab mein Bestes ihnen eine gute Schwiegertochter zu sein, wenn auch nicht die, die sie sich gewünscht hatten.
Nur Silvain, dem Jüngeren der de la Fére Sprösslinge ging ich so weit mir möglich aus dem Weg. Bei den Familienessen fehlte er zum Glück oft, da die Belange der Grafschaft nicht ihm oblagen, konnte er sich ein lockeres Leben leisten, ohne sich um viel kümmern zu müssen. Der Neid auf die Position seines Bruders war sehr offensichtlich. Wenn wir uns begegneten, ließ er nie eine Gelegenheit aus, mir zu zeigen, was er von mir hielt. In seinen Augen gehörte ich nicht hierher. Er hatte mir ja seine Vermutung, ich wäre nur hinter dem Geld Oliviers her, bereits deutlich gemacht. Offenbar wollte er gar nicht vom Gegenteil überzeugt werden. Und Olivier tat es als Einbildung hab, wenn ich ihn darauf hinwies, dass sein Bruder mich nicht mochte. Ich hatte den Eindruck, ihm fiel Silvains Missgunst nicht auf, weil er den Gedanken einfach nicht in Erwägung zog, er könnte solche Gefühle hegen. Aber vielleicht hatte er recht, und ich bildete es mir ja wirklich nur ein.
Eines Morgens, als ich auf dem Weg zur Küche war, um für Fleurette einen Apfel oder eine Karotte zu stibitzen, sah ich Silvain eilig vor mir in einen Gang biegen. Es war auch mein Weg, und gerade noch bekam ich mit, wie er eines der Dienstmädchen umrannte, das ein Tablett voller Buttercroissants trug. Das Gebäck fiel auf den Boden.
„Du dummes Ding, kannst du nicht aufpassen, wo du hinrennst?“ schalt er das verschüchterte Mädchen und versetzte ihm eine Ohrfeige. Was für eine Unverschämtheit, ich hatte genau gesehen, dass es seine Schuld gewesen war. Doch ehe ich ihm das sagen konnte, war er durch eine Tür verschwunden.
„Es tut mir so leid, mein Herr, bitte vergebt mir“, wimmerte das Mädchen, während es damit beschäftigt war, die Croissants aufzuheben, vermutlich in der Annahme, ich sei Silvain.
Ich berührte es behutsam am Arm. „Ist schon gut, Bérénice. Du hast nichts falsch gemacht“, sagte ich sanft zu ihr, und half ihr dabei das verstreute Gebäck einzusammeln.
Überrascht musterte sie mich. „Oh, Ihr seid es, Comtesse…“ Sie wurde noch hektischer, sodass sie ein Croissant wieder fallen ließ. Ich nahm es, ehe sie danach griff, um es auf das Tablett zu legen.
„Kommt so etwas öfter vor?“
„Ja… nein, der junge Herr ist sicher nur schlecht gelaunt“, antwortete Bérénice verschüchtert. Sie hatte vermutlich Hemmungen schlecht über Silvain zu sprechen, was ich gut verstehen konnte. Schnell hob ich das letzte Croissant auf.
„So, das wäre geschafft. Ich werde mit Olivier darüber reden, er hat immer noch großen Einfluss auf seinen Bruder.“
Sie sah mich plötzlich erschrocken an. „Bitte nicht… er wird denken, ich hätte etwas gegen ihn gesagt.“
Verständnisvoll nickte ich. Einfach vergessen wollte ich die Angelegenheit jedoch nicht. Ich beschloss selbst mit ihm zu reden, und ihm die Wahrheit zu sagen, dass ich den Vorfall zufällig mitangesehen hatte.
„Ich danke Euch sehr, Comtesse“, murmelte das Mädchen scheu und lächelte. „Es… es ist gut, dass Ihr hier bei uns seid.“
Diese Aussage freute mich. Bérénice war die Jüngste der Dienstboten des Anwesens, sie konnte nicht älter als ich sein, bisher hatte ich sie nie gefragt. Ich mochte sie. Zwischen uns hatte es schon die ein oder andere amüsante Begegnung gegeben, wenn sie verwundert war, dass ich viele Dinge selbst erledigte, und keine Scheu davor hatte, mir die Hände schmutzig zu machen.
Als das Mädchen gegangen war, holte ich schnell zwei Karotten aus der Küche und lief in den Stall. Wie es der Zufall wollte, kam mir dort Silvain entgegen, der gerade seinen Hengst aus der Box geholt hatte.
„Comtesse“, sagte er knapp und mit deutlichem Hohn in der Stimme.
Eigentlich wollte ich sämtliche Begegnungen mit ihm möglichst kurz halten, doch ich erinnerte mich meines Vorsatzes. „Silvain, wartet. Ich hätte gerne mit Euch gesprochen.“
Er wandte sich um, sah mich mit erhobenen Augenbrauen an. „Ja bitte, Ihr wünscht, Madame?“
Seine herablassende Art mit mir zu sprechen, ärgerte mich jedes Mal aufs Neue. Ich riss mich zusammen, erwähnte den Vorfall, dessen Zeugin ich geworden war, und wartete ab, was er zu sagen hatte. Er zuckte jedoch nur gleichgültig mit den Schultern, ich musste meine Wut schwer hinunter schlucken.
„Ich möchte Euch dringend ersuchen, Euren Ärger in Zukunft nicht mehr an den Dienstboten auszulassen, und hoffe, dass etwas Derartiges nicht wieder vorkommt.“
„Sonst was?“ Er lachte verächtlich. „Willst du mich aus dem Haus meiner Familie werfen? Das möchte ich sehen… Ich gehörte hierher, und nicht du!“
Erneut musste ich mich sehr zusammen nehmen, ich biss mir ärgerlich auf die Lippen, und bemühte mich, mir keine Unsicherheiten anmerken zu lassen. Darauf wartete er nur.
„Das habe ich gewiss nicht vor, Monsieur.“ Das letzte Wort betonte ich besonders. „Doch ebenso gedenke ich mich von Euch nicht vertreiben zu lassen, Ihr versteht das sicher. Und ich glaube meinem Mann würde es nicht sehr gefallen, sollte er erfahren, dass dies Euer Wunsch ist… ich hoffe Ihr werdet über meine Bitte nachdenken. Au revoir, Monsieur.“
Bevor er noch etwas erwidern konnte, verschwand ich in Fleurettes Box, und holte die Stute heraus, sobald er mit seinem Pferd den Stall verlassen hatte. Nachdenklich striegelte ich sie.
Ich war so in meinen Überlegungen versunken, dass ich nicht merkte, wie jemand herein kam, bis ein Arm sich sanft um meine Taille legte. Ich erschrak, aber im nächsten Moment erkannte ich bereits Olivier „Da bist du ja, habe ich es mir doch gedacht.“ Sein Ton war ein wenig vorwurfsvoll. „Wir haben dich beim Frühstück vermisst.“
Ich riss die Augen auf. „Oh! Ist es schon so spät? Das tut mir leid, ich habe überhaupt nicht auf die Zeit geachtet.“
Er lachte leise. „Ist schon gut. Ich habe meinen Eltern gesagt, dass du dich nicht gut fühlst, und keinen Hunger hast.“ Er tätschelte die kleine Stute am Hals. „Bemerkenswert, mit welcher Hingabe du dich um das Tier kümmerst. Was hältst du davon, wenn ich dir das Reiten beibringe? Es ist gar nicht schwer, du wirst sehen.“
„Du willst das tun? Wirklich? Aber du musst dich doch um vieles andere kümmern…“ Ein wenig unsicher sah ich ihn an.
Olivier nickte. „Natürlich, sehr gerne sogar. Es gibt nichts, das mir wichtiger wäre als du. Am besten fangen wir so bald wie möglich an. Wenn du möchtest.“
Und wie ich wollte! Es war Zeit, die ich mit ihm verbringen konnte. Mit ihm allein, und ich genoss es. Schon bald konnte ich die alte Fleurette reiten und Olivier gab mir ein jüngeres temperamentvolleres Pferd. An meinem achtzehnten Geburtstag ritten wir um die Wette durch den Wald. Ich hatte mich niemals freier gefühlt. Mit ihm konnte ich stundenlang auf dem Pferderücken die Natur durchstreifen.
Die Zeit floss weiter, der Winter hüllte die Landschaft in das helle Weiß, das ich so liebte, und ehe ich mich versah, waren wir bereits ein halbes Jahr verheiratet. Kürzlich hatte Olivier mit mir über Kinder gesprochen. Ich hatte mich bisher noch nicht mit dem Gedanken getragen Mutter zu werden. Es war eine schöne Vorstellung, aber auch eine, die mir ein wenig Angst machte. Es war die Pflicht einer guten Ehefrau ihrem Mann Nachwuchs zu schenken. Was wenn ich versagte? Was wenn ich nach dem, was Monsieur Dominic mir angetan hatte, nicht mehr in der Lage war, ein Kind zu bekommen? Würde Olivier mich trotzdem noch lieben?