Whee, ich habs geschafft auch hier mal weiter zu tippen! Enjoy
Am nächsten Abend hatte Konstantin spielfrei, Lily war dankbar noch zwei Tage Aufschub zu haben, bis sie wieder gemeinsam auf der Bühne standen. Es tat ihr weh, dass sie die Schuld an seinen Problemen mit Felix trug, die ganze Sache war von Anfang an eine dumme Idee gewesen. Die Schwangerschaft machte sie unglaublich glücklich, aber zu einem hohen Preis, den ihr bester Freund nun zahlen musste. Im Augenblick fiel es ihr schwer sich selbst im Spiegel anzusehen. Weil sie so in Gedanken war, erschrak sie heftig, als die Tür geöffnet wurde, und ihre Kollegin Nicole eintrat, mit der sie sich die Garderobe teilte.
„Entschuldigung“, ich wollte dich nicht erschrecken“, meinte die quirlige Kärntnerin sofort. „Du schaust drein wie siebzig Tage Regenwetter. Was ist los?“
Lily setzte ein halbherziges Lächeln auf. „Ach nichts, alles bestens. Ich habe nur ein wenig nachgedacht.“ Normalerweise unterhielt sie sich gerne mit der jüngeren Frau, doch im Moment war ihr eher nach Schweigen.
Ihre Kollegin machte sich nun ebenfalls daran, sich für den ersten Auftritt vorzubereiten. Lily hatte sich inzwischen aus Pulli und Jeans geschält, um in das blaue Kleid ihrer ersten Szene zu schlüpfen. Sie spürte Nicoles Blick auf sich ruhen und blickte diese fragend an. Die blonde Frau musterte besorgt die ansehnliche Blauverfärbung auf Lilys Schulter.
„Ich hatte gestern einen kleinen Zusammenstoß mit einem Fahrrad“, erklärte die Salzburgerin rasch. „Der Lenker war übrigens sehr nett.“ Sie dachte an Wolfgang zurück, in dessen Gegenwart sie sich wirklich wohl gefühlt hatte. In wenigen Worten erzählte sie ihrer überaus neugierigen Kollegin von der Begegnung mit ihm, das lenkte sie ein wenig von den Gedanken an Konstantin und Felix ab.
„Ruf ihn unbedingt an!“ empfahl Nicole enthusiastisch, als Lily ihren Bericht beendet hatte. „Vielleicht war das ja sogar Schicksal, wer weiß.“
Die ältere Frau lachte leise. Wie immer war die Fröhlichkeit der lebhaften Kärntnerin überaus ansteckend. Und sehr wahrscheinlich hatte sie recht, was sollte schon passieren, wenn sie Wolfgang einfach anrief? Entweder freute er sich, oder er hatte bereits vergessen wer sie war.
Nach der Vorstellung erwartete sie Jonas bereits vor dem Theater, sie hatten kurzfristig per Kurzmitteilungen ausgemacht etwas trinken zu gehen. Er hielt sich geduldig im Hintergrund, während sie den Fans Autogramme gab und sich fotografieren ließ. Obwohl sie sich inzwischen wieder sehr gut verstanden, und auch dieses Mal einen netten Abend miteinander verbrachten, war Lily wachsam. Sie wollte keine Hoffungen in ihm wecken, die sie nicht erfüllen konnte.
Erst am nächsten Nachmittag rang sie sich dazu durch Nicoles Empfehlung zu beherzigen und wählte die Nummer, die ihr Wolfgang auf die Serviette geschrieben hatte. Angespannt wartete sie ab, als das Freizeichen ertönte.
„Hallo, Wolfgang Marx“, meldete sich seine freundliche Stimme.
Die Salzburgerin lächelte leicht, weil sie sich freute ihn zu hören. „Hallo, hier ist Lily. Ich hoff Sie wissen noch wer ich bin?“
„Natürlich weiß ich das, zum Glück habe ich noch nicht oft jemanden umgefahren.“ Er lachte leise. „Es freut mich sehr, dass Sie anrufen. Wie geht es Ihrer Schulter?“
Ihre Hand schloss sich unwillkürlich fester um das Telefon. „Ein wenig blau ist sie noch, aber halb so wild. Ich hoffe ich störe nicht.“
„Nein, gar nicht, momentan bin ich ganz allein im Geschäft. Nun ja, abgesehen von der Kiste vor mir, an der ich gerade bastle.“ Er hielt inne. „Es ist sehr spontan, aber falls Sie heute Abend noch nichts vor haben, hätten Sie dann Lust mit mir ins Kino zu gehen? Mein Sohn schläft bei meiner Mutter, ich habe also frei…“
„Ja, sehr gerne“, hörte sie sich nur noch selbst sagen, bevor sie überhaupt darüber nachgedacht hatte. Es traf sich phantastisch, dass sie diesen Abend nicht ins Theater musste. Ein Treffpunkt war schnell abgemacht, und als sie aufgelegt hatte, grinste sie breit. Wolfgang war ihr sehr sympathisch, sie freute sich auf die Zeit mit ihm. Es war nicht so wie bei den Treffen mit Jonas.
Lily entschied sich für eine schwarze Jeans und einen Pullover, der weit genug war, um ihr schön langsam sichtbares Bäuchlein zu kaschieren. Wenn er gleich beim ersten Treffen etwas merkte, war es bestimmt auch das letzte. Weil sie sich fernab der Bühne nur wenig schminkte, betonte sie lediglich ihre graublauen Augen mit passendem Lidschatten. Mit sich zufrieden machte sie sich auf den Weg zum vereinbarten Treffpunkt, der auf der Mariahilfer Straße war. Pünktlich um sieben Uhr war sie da. Um viertel acht fehlte von Wolfgang immer noch jede Spur, und die Zeit floss weiter. Zwanzig nach, fünfundzwanzig. Wo steckte er? Hatte er sie versetzt? Ihr erst lächelndes Gesicht wurde mit jeder verstreichenden Minute enttäuschter. Mit gesenktem Kopf ging sie ein paar Schritte vor den Geschäften entlang, ohne einen Blick in die Auslagen zu werfen. Er würde nicht mehr kommen.
„Willst du ohne mich gehen?“ fragte da eine Stimme neben ihr, die tatsächlich Wolfgang gehörte, der sie zähneknirschend ansah. „Entschuldige bitte, meine Mutter hat mich am Telefon nieder geredet, und in der Eile habe ich mein Handy daheim liegen lassen, sonst hätte ich dir bescheid gesagt, dass es später wird. Du kannst mir ‚Hirsch’ an die Stirn schreiben.“
Die dunkelhaarige Frau brach plötzlich in ein helles Lachen aus. „Das macht nichts! Ich bin so erleichtert, dass du überhaupt noch gekommen bist.“ Ohne es zu merken, waren sie in ein vertrautes ‚du’ übergegangen.
„Oh… ich wollte nicht, dass du denkst, ich würde dich versetzen, ich bin so ein Esel.“ Wolfgang lächelte verlegen. „Möchtest du vor dem Kino noch etwas essen gehen? Ich hoffe ja, sonst würde dir mein knurrender Magen bald auf die Nerven gehen.“
„Neben meinem würde der schon nicht so auffallen.“ Sie grinste breit. Zu ihrer großen Freude schlug er ein japanisches Restaurant in der Nähe vor, er teilte ihre Vorliebe für die asiatische Küche.
Gesättigt und zufrieden machten sie sich auf den Weg zum Kino. Sie hatten keine Ahnung, was sie überhaupt sehen wollten, die Idee das gleich am Anfang zu entscheiden war ihnen nicht gekommen. So studierten sie aufmerksam den Spielplan des Tages und entschieden sich für eine Komödie, die in Kürze begann. Wolfgang kam jedoch nicht umhin einen Gruselfilm über Zombies vorzuschlagen, um sie ein wenig zu ärgern. Solche Streifen wollte sie unter keinen Umständen sehen, seit sie aufgrund einer verlorenen Wette Konstantin in einen hatte begleiten müssen.