Christine> hoppla, ja natürlich danke
Danke für die Kommis *hupf* uuuund weiter gehts!
Nach der Vorstellung wirkte Gabi abgespannt und völlig erledigt, als sie in Jeans, halbhohen Stiefeln und einer warmen Jacke aus der Garderobe kam. Oliver stand im Gang, studierte mit halbherzigem Interesse das Nachrichtenbrett. Seine Kollegin trat schweigend neben ihm und folgte seinem Blick auf eine kleine Meldung, die den Theaterangestellten Auskunft über den Termin für die nächste Backstage-Führung für die Fans gab.
Oliver musste schmunzeln. Als er es schließlich nicht mehr aushielt und den Kopf zur Seite wandte, trafen sich ihre Blicke, denn auch sie starrte längst nicht mehr die angepinnten Zettel an. Ihre Augen waren von einem außergewöhnlichen Grün, das ihn zu verzaubern schien. Er spürte Röte auf seinen Wangen aufsteigen, auch wenn es dafür eigentlich keinen Grund gab. Erneut fixierte er bemüht starr die Wand, bis Corinna endlich zu ihnen stieß.
„Na ihr? Steht da irgendetwas Interessantes?“
Beide schüttelten den Kopf und setzten sich fast gleichzeitig Richtung Ausgang in Bewegung. Die junge Maskenbildnerin schnappte sich die Hand ihres Freundes, sie zeigte den Fangirls am Bühnentürl zu gerne, dass ihr Oliver nicht zu haben war.
„Wartet mal…“ begann Gabi schließlich. „Was ich euch schon längst fragen wollte. Habt ihr Lust Montag zu mir zum Essen zu kommen? Ich möcht mich gerne revanchieren, dass du einfach nur da warst, als ich dich brauchte, und dass du“, bei diesen Worten wechselte ihr Blick von Oliver zu Corinna, „so viel Verständnis hattest. Immerhin hat er keine Würgemale am Hals.“ Sie lächelte ganz leicht, es war das erste Mal seit ihr die Polizistin die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbracht hatte.
Die beiden Angesprochenen sahen einander kurz an, dann grinste der junge Wiener ebenfalls. „Klar, wir kommen gern! Danke für die Einladung.“
Auch am folgenden Tag, dem Mittwoch, erschien Gabi wie gewohnt im Theater. Am Donnerstag Vormittag war Viktors Beerdigung angesetzt. Oliver war zu dieser Zeit daheim und erledigte die Hausarbeit, das musste ja schließlich auch getan werden. Er wollte schnell fertig zu werden, um mit Marokko ausreiten zu können, so lange das Wetter noch schön und sonnig war. Für den Nachmittag wurde Regen vorausgesagt. beginnen. Als er dabei war seine Hemden zu bügeln, klingelte sein Handy und er eilte zum Couchtisch, wo er es zurück gelassen hatte. Das Display zeigte den Namen seiner Kollegin an. Rasch drückte er die Annahme-Taste.
„Hallo, Gabi.“
„Hi du.“ Ihre Stimme war leise und zittrig. „Störe ich dich?“
„Du doch nie. Ich kümmere mich gerade um die Hausarbeit.“ Er hielt kurz inne. „Wie geht es dir?“
Als Antwort war ein Seufzen zu hören. „Frag nicht. Ich bin mit Sophie auf dem Weg zum Friedhof. In meinem Inneren habe ich die ganze Zeit noch gehofft, dass ich aufwache und er mich anlächelt. Dumm, ich weiß.“
„Nein, verständlich. Ich wünschte ich könnte dir irgendwie helfen, damit es dir wieder besser geht…“
„Aber das tust du doch! Du bist mein bester Freund, ich wüsste gar nicht, wie ich das alles ohne dich durchstehen sollte.“
Diese Aussage freute Oliver. Als sie ihn zögerlich bat, ob er Sophie und sie nach der Beerdigung abholen konnte, willigte er natürlich ein.
Die übrige Zeit verwendete er dafür, fertig zu bügeln und einkaufen zu gehen. Auf dem Weg zum Friedhof legte er bei einer kleinen Blumenhandlung einen Halt ein, um eine weiße Lilie zu kaufen.
Als er vor dem Restaurant ankam, das ihm Gabi genannt hatte, sah er sie schon mit ihrer Tochter an der Hausecke stehen. Ihr Anblick erschreckte ihn, sie war blass und abgespannt. Mit einem erleichterten Ausdruck ließ sie sich auf den Beifahrersitz gleiten, nachdem sie Sophie sicher auf der Rückbank untergebracht hatte.
Oliver gab ihr lächelnd die Lilie. „Für dich. Hoffentlich habt ihr beide nicht zu lange warten müssen.“
„Danke, das ist total süß von dir.“ Sie drehte die Blume zwischen den Fingern. „War halb so wild. Ich hätte es drinnen nicht eine Sekunde länger ausgehalten. Du bist ein Schatz, weißt du das?“
„Na wenn du das sagst.“ Er grinste leicht.
Weil beide ganz gut eine Tasse heißen Kaffee gebrauchen konnten, blieb er etwa zehn Minuten später bei einem nett aussehenden Café stehen. Drinnen war nicht viel los und sie setzen sich an einen Tisch vor dem Fenster. Die beiden Erwachsenen bestellten koffeinhaltige Sünde, während Sophie heiße Schokolade, sowie ein großes Stück Marmorguglhupf bekam. Oliver war auch hungrig und entschied sich nach dem Kaffee für einen Teller herrlich warme Fridattensuppe. Ihm verging allerdings der Appetit, als er den Blick bemerkte, mit dem Gabi das Essen betrachtete.
„Hast du denn gar keinen Hunger?“ fragte er sie schließlich.
Sie schüttelte lustlos den Kopf. Das konnte er schon verstehen, doch jetzt wo sie ihm gegenüber saß, wirkte sie so ausgezehrt, was ihn zu der Befürchtung veranlasste, dass sie auch die Tage davor kaum etwas gegessen hatte.
Es schien offensichtlich zu sein, woran er dachte, denn widerstrebend aß sie die letzten zwei Bissen, die Sophie von ihrem Guglhupf übrig gelassen hatte. Darauf ließ er es dann auch beruhen, nahm sich aber vor ein Auge auf ihre körperliche Verfassung zu werfen.
Eine ganze Weile saßen sie so zusammen, redeten über dieses und jenes. Oliver war nach Kräften bemüht Gabi abzulenken. Die kleine Sophie war damit beschäftigt, die auf dem Tisch befindlichen Servietten mit einem Kugelschreiber zu verzieren.
„Da, Vogel macht krah krah“, sagte sie unvermittelt und zeigte aus dem Fenster. Tatsächlich saß auf einer Straßenlaterne eine große Krähe.
Olivers Aufmerksamkeit galt aber bereits dem Himmel darüber, auf dem dichte Wolken aufgezogen waren. Er seufzte. „Oh weh, ich wollte eigentlich noch im Trockenen ausreiten...“
„Du hast ein Pferd?“ Gabi, die sich mit ihrer Tochter beschäftigte, sah überrascht auf. „Das wusste ich ja gar nicht.“
Und schon hatten sie ein neues Gesprächsthema. Beide hatten soeben eine neue Seite am jeweils anderen entdeckt. Seine Kollegin erzählte ihm, dass sie als junges Mädchen viel geritten war. Damals hatte sie auch ein Pflegepferd gehabt, eine schöne graue Stute namens Happy Cloud. Doch diese war just im ersten Jahr von Gabis Studium in Amsterdam einer schweren Kolik zum Opfer gefallen. Seit dieser Zeit war sie nicht mehr auf einem Pferd gesessen.
„Wenn du magst, kannst du mich mal begleiten und auf Marokko reiten“, schlug Oliver nach einer Weile vor. Er spürte, dass es Gabi sehr glücklich machen würde, wieder mit einem Pferd zu tun zu haben. Das Lächeln, das ihre Lippen umspielte, als sie zusagte, war für ihn der schönste Lohn.
Es freute ihn sehr, dass er sie offenbar ein wenig aufmuntern hatte können, doch das bewahrte ihn auch nicht davor nass zu werden. Zum Glück hatte das Wetter zumindest so lange gehalten, bis er sich wieder auf dem Rückweg von seinem Ausritt befand, welcher diesmal kürzer als gewöhnlich ausgefallen war. Später bemerkte er, dass auf seinem Handy eine Kurzmitteilung von Corinna eingegangen war, während er mit Marokko die Wälder unsicher gemacht hatte. Er beantwortete sie gleich. Irgendwie fand er es schade, dass seine Freundin die Liebe zu Pferden weniger teilte. So große Tiere waren ihr nicht ganz geheuer.