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Gaefa
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Beitragvon Gaefa » 25.05.2007, 14:09:32

Toll geschrieben!
Und wieder alles sehr traurig! ICh finds toll, dass Gabi versucht stark zu sein und versucht wieder in den Alltag zu finden! Bin gespannt wie es weiter geht!
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ChristineDaae
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Beitragvon ChristineDaae » 25.05.2007, 14:14:14

Super! :D

Bitte schreib schnell weiter, ich find den Teil total super!!

Die gefrorene Köstlichkeit war von Edelbitterschokolade so ziemlich das einzige, was sie an Süßspeisen gerne aß.


Du meinst sicher "war von Edelbitterschokolade abgesehen das einzige...", oder? :)

Sonst wieder spitze, und echt gut geschrieben. Nur weiter so!
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Beitragvon Kitti » 25.05.2007, 20:46:08

Da kann ich den anderen nur zustimmen. Dein Stil ist wie immer klasse und mir gefallen deine Charaktere!! Bitte bald weiter! :D
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Beitragvon Sisi Silberträne » 30.05.2007, 16:13:43

Christine> hoppla, ja natürlich :oops: danke
Danke für die Kommis *hupf* uuuund weiter gehts!



Nach der Vorstellung wirkte Gabi abgespannt und völlig erledigt, als sie in Jeans, halbhohen Stiefeln und einer warmen Jacke aus der Garderobe kam. Oliver stand im Gang, studierte mit halbherzigem Interesse das Nachrichtenbrett. Seine Kollegin trat schweigend neben ihm und folgte seinem Blick auf eine kleine Meldung, die den Theaterangestellten Auskunft über den Termin für die nächste Backstage-Führung für die Fans gab.
Oliver musste schmunzeln. Als er es schließlich nicht mehr aushielt und den Kopf zur Seite wandte, trafen sich ihre Blicke, denn auch sie starrte längst nicht mehr die angepinnten Zettel an. Ihre Augen waren von einem außergewöhnlichen Grün, das ihn zu verzaubern schien. Er spürte Röte auf seinen Wangen aufsteigen, auch wenn es dafür eigentlich keinen Grund gab. Erneut fixierte er bemüht starr die Wand, bis Corinna endlich zu ihnen stieß.

„Na ihr? Steht da irgendetwas Interessantes?“
Beide schüttelten den Kopf und setzten sich fast gleichzeitig Richtung Ausgang in Bewegung. Die junge Maskenbildnerin schnappte sich die Hand ihres Freundes, sie zeigte den Fangirls am Bühnentürl zu gerne, dass ihr Oliver nicht zu haben war.
„Wartet mal…“ begann Gabi schließlich. „Was ich euch schon längst fragen wollte. Habt ihr Lust Montag zu mir zum Essen zu kommen? Ich möcht mich gerne revanchieren, dass du einfach nur da warst, als ich dich brauchte, und dass du“, bei diesen Worten wechselte ihr Blick von Oliver zu Corinna, „so viel Verständnis hattest. Immerhin hat er keine Würgemale am Hals.“ Sie lächelte ganz leicht, es war das erste Mal seit ihr die Polizistin die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbracht hatte.
Die beiden Angesprochenen sahen einander kurz an, dann grinste der junge Wiener ebenfalls. „Klar, wir kommen gern! Danke für die Einladung.“

Auch am folgenden Tag, dem Mittwoch, erschien Gabi wie gewohnt im Theater. Am Donnerstag Vormittag war Viktors Beerdigung angesetzt. Oliver war zu dieser Zeit daheim und erledigte die Hausarbeit, das musste ja schließlich auch getan werden. Er wollte schnell fertig zu werden, um mit Marokko ausreiten zu können, so lange das Wetter noch schön und sonnig war. Für den Nachmittag wurde Regen vorausgesagt. beginnen. Als er dabei war seine Hemden zu bügeln, klingelte sein Handy und er eilte zum Couchtisch, wo er es zurück gelassen hatte. Das Display zeigte den Namen seiner Kollegin an. Rasch drückte er die Annahme-Taste.
„Hallo, Gabi.“
„Hi du.“ Ihre Stimme war leise und zittrig. „Störe ich dich?“
„Du doch nie. Ich kümmere mich gerade um die Hausarbeit.“ Er hielt kurz inne. „Wie geht es dir?“
Als Antwort war ein Seufzen zu hören. „Frag nicht. Ich bin mit Sophie auf dem Weg zum Friedhof. In meinem Inneren habe ich die ganze Zeit noch gehofft, dass ich aufwache und er mich anlächelt. Dumm, ich weiß.“
„Nein, verständlich. Ich wünschte ich könnte dir irgendwie helfen, damit es dir wieder besser geht…“
„Aber das tust du doch! Du bist mein bester Freund, ich wüsste gar nicht, wie ich das alles ohne dich durchstehen sollte.“
Diese Aussage freute Oliver. Als sie ihn zögerlich bat, ob er Sophie und sie nach der Beerdigung abholen konnte, willigte er natürlich ein.

Die übrige Zeit verwendete er dafür, fertig zu bügeln und einkaufen zu gehen. Auf dem Weg zum Friedhof legte er bei einer kleinen Blumenhandlung einen Halt ein, um eine weiße Lilie zu kaufen.
Als er vor dem Restaurant ankam, das ihm Gabi genannt hatte, sah er sie schon mit ihrer Tochter an der Hausecke stehen. Ihr Anblick erschreckte ihn, sie war blass und abgespannt. Mit einem erleichterten Ausdruck ließ sie sich auf den Beifahrersitz gleiten, nachdem sie Sophie sicher auf der Rückbank untergebracht hatte.
Oliver gab ihr lächelnd die Lilie. „Für dich. Hoffentlich habt ihr beide nicht zu lange warten müssen.“
„Danke, das ist total süß von dir.“ Sie drehte die Blume zwischen den Fingern. „War halb so wild. Ich hätte es drinnen nicht eine Sekunde länger ausgehalten. Du bist ein Schatz, weißt du das?“
„Na wenn du das sagst.“ Er grinste leicht.

Weil beide ganz gut eine Tasse heißen Kaffee gebrauchen konnten, blieb er etwa zehn Minuten später bei einem nett aussehenden Café stehen. Drinnen war nicht viel los und sie setzen sich an einen Tisch vor dem Fenster. Die beiden Erwachsenen bestellten koffeinhaltige Sünde, während Sophie heiße Schokolade, sowie ein großes Stück Marmorguglhupf bekam. Oliver war auch hungrig und entschied sich nach dem Kaffee für einen Teller herrlich warme Fridattensuppe. Ihm verging allerdings der Appetit, als er den Blick bemerkte, mit dem Gabi das Essen betrachtete.
„Hast du denn gar keinen Hunger?“ fragte er sie schließlich.
Sie schüttelte lustlos den Kopf. Das konnte er schon verstehen, doch jetzt wo sie ihm gegenüber saß, wirkte sie so ausgezehrt, was ihn zu der Befürchtung veranlasste, dass sie auch die Tage davor kaum etwas gegessen hatte.
Es schien offensichtlich zu sein, woran er dachte, denn widerstrebend aß sie die letzten zwei Bissen, die Sophie von ihrem Guglhupf übrig gelassen hatte. Darauf ließ er es dann auch beruhen, nahm sich aber vor ein Auge auf ihre körperliche Verfassung zu werfen.

Eine ganze Weile saßen sie so zusammen, redeten über dieses und jenes. Oliver war nach Kräften bemüht Gabi abzulenken. Die kleine Sophie war damit beschäftigt, die auf dem Tisch befindlichen Servietten mit einem Kugelschreiber zu verzieren.
„Da, Vogel macht krah krah“, sagte sie unvermittelt und zeigte aus dem Fenster. Tatsächlich saß auf einer Straßenlaterne eine große Krähe.
Olivers Aufmerksamkeit galt aber bereits dem Himmel darüber, auf dem dichte Wolken aufgezogen waren. Er seufzte. „Oh weh, ich wollte eigentlich noch im Trockenen ausreiten...“
„Du hast ein Pferd?“ Gabi, die sich mit ihrer Tochter beschäftigte, sah überrascht auf. „Das wusste ich ja gar nicht.“
Und schon hatten sie ein neues Gesprächsthema. Beide hatten soeben eine neue Seite am jeweils anderen entdeckt. Seine Kollegin erzählte ihm, dass sie als junges Mädchen viel geritten war. Damals hatte sie auch ein Pflegepferd gehabt, eine schöne graue Stute namens Happy Cloud. Doch diese war just im ersten Jahr von Gabis Studium in Amsterdam einer schweren Kolik zum Opfer gefallen. Seit dieser Zeit war sie nicht mehr auf einem Pferd gesessen.
„Wenn du magst, kannst du mich mal begleiten und auf Marokko reiten“, schlug Oliver nach einer Weile vor. Er spürte, dass es Gabi sehr glücklich machen würde, wieder mit einem Pferd zu tun zu haben. Das Lächeln, das ihre Lippen umspielte, als sie zusagte, war für ihn der schönste Lohn.

Es freute ihn sehr, dass er sie offenbar ein wenig aufmuntern hatte können, doch das bewahrte ihn auch nicht davor nass zu werden. Zum Glück hatte das Wetter zumindest so lange gehalten, bis er sich wieder auf dem Rückweg von seinem Ausritt befand, welcher diesmal kürzer als gewöhnlich ausgefallen war. Später bemerkte er, dass auf seinem Handy eine Kurzmitteilung von Corinna eingegangen war, während er mit Marokko die Wälder unsicher gemacht hatte. Er beantwortete sie gleich. Irgendwie fand er es schade, dass seine Freundin die Liebe zu Pferden weniger teilte. So große Tiere waren ihr nicht ganz geheuer.
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Beitragvon Kitti » 30.05.2007, 16:33:48

Ein sehr schöner Teil, wie immer! :D Ich finde es toll, wie du die Charaktere beschreibst und die Freundschaft zwischen Gabi und Oliver. Ich bin sehr gespannt, was du dir noch alles ausdenken wirst! :D
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Beitragvon Gaefa » 30.05.2007, 16:43:45

Wirklich wieder sehr sehr toll geschrieben!
Finde die Idee, dass Gabi Pferde auch mag, sehr passend! Das wird sie sicher auf andere Gedanken bringen :)
Bin schon sehr darauf gespannt wie es weiter geht!!!
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Beitragvon Nadine0003 » 30.05.2007, 22:54:21

Wow, eine richtig schöne Geschichte, wenn auch ein bisschen traurig.
Ich freue mich jetzt schon riesig auf die Fortsetzung.
liebe Grüße,
Nadine :-)

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Beitragvon Sisi Silberträne » 04.06.2007, 11:08:51

Danke für eure Kommis :)
Hier kommt die Fortsetzung, ganz schnell, bevor ich in Entwicklung wirbelloser Tiere muss. Hab ja sooo viel Lust :roll:



Nach drei Vorstellungstagen, von denen Oliver zwei spielte, war der Montag gekommen. Am Abend holte er Corinna ab und die beiden fuhren zu Gabi. Als die Holländerin ihnen die Tür öffnete, stieg ihnen sofort ein verführerischer Duft entgegen, da die Küche dem Eingang genau gegenüber lag. Auf der rechten Seite des Vorraums führte eine Tür in das große Wohnzimmer, das aus einer Couchecke und einem Essbereich bestand.
„Hallo! Schön, dass ihr da seid“, grüßte Gabi die beiden freundlich. Sie wirkte immer noch so dünn und müde, schien aber zumindest halbwegs guter Dinge zu sein. „Macht’s euch auf dem Sofa gemütlich.“
Oliver schaute sich beim Hereinkommen neugierig um. Das Zimmer war in hellen Farben gehalten und ansprechend möbliert. Vor der Couch saß Sophie auf dem Boden, starrte gebannt in den Fernseher, in dem ein gelber Schwamm und ein rosa Seestern herum hüpften. Just als Oliver deshalb ein wenig die Augenbraue hob, kam Gabi wieder in den Raum.
„Geh bitte in deinem Zimmer spielen“, sagte sie zu dem kleinen Mädchen, das nicht den Eindruck erweckte als hätte es zugehört. „Jetzt, Sophie. Sonst werden Oli, Corinna und ich die Nachspeise allein essen.“
Vor sich hin maulend verschwand das Kind daraufhin in seinem Reich. Allerdings nicht für sehr lange. Denn als Gabi ihren Gästen etwas zu trinken gebracht hatte, und in die Küche zurück ging, um das Essen fertig zu machen, kam Sophie wieder aus dem Zimmer. Ohne die beiden auf dem Sofa nur eines Blickes zu würdigen, folgte sie ihrer Mutter. Offenbar ließ sie sich auch nicht mehr so leicht hinaus scheuchen, denn kurz darauf wurde sie von Gabi ins Wohnzimmer gebracht.
„Ich muss mich ums Essen kümmern, Süße. Warum zeigst du dem Oli und der Corinna nicht inzwischen dein neues Buch?“
Das hatte in etwa die Wirkung einer Zauberformel. Das Mädchen rannte davon, um Augenblicke später mit einem Bilderbuch in der Hand wieder aufzutauchen. Es kletterte zwischen Oliver und seine Freundin auf die Couch, wo es die Lektüre dann aufschlug. Das Buch handelte von einem Hundebaby, das auf einem Bauernhof lebte. Auf jeder Seite benannte Sophie die abgebildeten Tiere. Kaum waren sie durch, brachte die Kleine weitere Bücher. Sie hatte sichtlich Vergnügen daran, dass Oliver alles geduldig mit ihr durchging. Und Corinna entdeckte soeben eine ganz neue Seite an ihrem Freund. Sie hatte nicht erwartet, dass er so gut mit Kindern umgehen konnte. Hoffentlich kam er bloß nicht auf die Idee demnächst ein eigenes zu wollen.

„Ich glaube Sophie hat dich schon ins Herz geschlossen.“ Gabi lächelte. Sie war unbemerkt mit einer großen Vorlegeplatte in den Händen ins Zimmer gekommen, die sie nun auf dem Tisch abstellte. „So, das Essen ist fertig. Hoffentlich mögt ihr Wels.“
Soweit es Oliver betraf, war die Antwort ja, doch selbst Corinna, die Fisch eigentlich nicht besonders gerne aß, schien es zu schmecken. Im gebratenen Zustand war er ihr auf jeden Fall lieber als roh in Sushi-Form. Zum Wels gab es Kräuterkartoffeln und erfrischenden Salat, alles schmeckte sehr gut. Dem jungen Mann entging nicht, dass die Gastgeberin am wenigsten zuschlug. Sie hatte das allerkleinste Stück Fisch auf dem Teller und aß auch nur wenig von den Beilagen.
Zum Nachtisch servierte Gabi holländischen Vla, der sich besonders bei Sophie großer Beliebtheit erfreute, war es doch nichts anderes als eine Art von Schokoladenpudding. Eine sehr wohlschmeckende.
„Willst du Nachschlag?“ fragte Gabi Oliver, als sie sah, dass seine Schüssel leer war.
Er schüttelte den Kopf. „Nein danke, ich bin voll bis obenhin. Aber du hast noch keinen Vla gegessen...“
„Ich bin satt, also ihr könnt ruhig den Rest aufessen“, meinte die Holländerin wenig überzeugend. Ihr Kollege konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass das was sie gegessen hatte, ausreichend gewesen war. Er rief sich seinen Entschluss in Erinnerung, auf ihr Essverhalten zu achten, so gut er es eben konnte.

Nach dem Essen blieben sie noch eine Weile sitzen, tranken Wein, sprachen miteinander. Sophie schlief dabei irgendwann halb auf Olivers Schoß ein und Gabi brachte sie ins Bett. Um etwa elf löste sich die Runde dann auf. Sie hatten sich zwar viel unterhalten, jedoch war die Stimmung die ganze Zeit über irgendwie gedrückt gewesen. Gabis Versuche unbeschwert und gut gelaunt zu wirken, hätten vermutlich nicht einmal Jens, die Zweitbesetzung des Franz Josephs getäuscht. Und ihm schrieben seine Kollegen ungefähr die Feinfühligkeit eines Holzklotzes zu.
„Danke für die Einladung“, sagte Oliver an der Tür. „Du hast wirklich hervorragend gekocht. Gell Corinna?“
Diese nickte. „Ja, ich hätte nicht geglaubt, dass Fisch so gut sein kann.“
Das entlockte Gabi ein halbherziges Lächeln. „Es war sehr nett, dass ihr da wart. Kommt gut nach Hause.“
„Werden wir. Bis demnächst im Theater. Halt bloß die Ohren steif.“ Oliver legte ihr kurz die Hand auf die Schulter. Mit einem Blick versuchte er ihr zu signalisieren, dass er für sie da war, wenn sie einen Freund brauchte. Es tat ihm weh, sie so leiden zu sehen.

Als die beiden gegangen waren, ließ Gabi sich aufs Sofa fallen. Sie merkte, dass ihr Leben mehr und mehr aus der Bahn geriet, auch wenn sie versuchte all die täglichen Gewohnheiten beizubehalten. Viktor war ihre große Liebe gewesen, und nun war er fort. Obwohl es noch genug Menschen gab, die ihr sehr viel bedeuteten, fühlte sie sich ganz allein auf der Welt. Sie schlief keine Nacht durch, immer wenn sie wach wurde, versetzte ihr die leere Bettseite einen Stoß ins Herz. Es fiel ihr schwer morgens überhaupt aufzustehen, es erschien ihr so sinnlos wie alles andere, das sie jeden Tag tun musste. Selbst die banalsten Dinge, wie einkaufen und kochen. Das tat sie nur noch für Sophie, selbst aß sie kaum etwas. Vielleicht ab und zu ein Stück Brot, oder einen Apfel. Nach außen hin bemühte sie sich das Bild der lebensfrohen Frau, die sie gewesen war, aufrecht zu erhalten. Innerlich bröckelte es immer mehr.

„Sie scheint das alles bemerkenswert gut wegzustecken“, meinte Corinna leise, als sie die drückende Stille im Auto nicht mehr aushielt. „Ich wüsste ja nicht, wie ich mit einer solchen Situation umginge.“
„Ich möchte es nie erfahren“, murmelte Oliver, während er sich auf die Straße konzentrierte. Dass er fahren musste, kam ihm ganz gelegen, so konnte er zu dem Thema vorerst schweigen.
Doch seine Freundin war nicht bereit so schnell locker zu lassen. „Du machst dir Sorgen, hm? Gabi kommt schon zurecht, da bin ich sicher.“
„Das glaubst du? Hast du denn nicht bemerkt, wie schlecht es ihr geht?“ Er hielt inne. Seine Kollegin war selbstverständlich eine gute Schauspielerin. Sollte sie es geschafft haben vor Corinna zu verbergen, was für ihn völlig unübersehbar war?
Die junge Frau zuckte mit den Schultern. „Sie war doch ganz gefasst. Bist du sicher, dass du nicht mehr interpretierst, als da ist?“
Er war nicht mehr bereit das Gespräch fortzuführen. Bis sie in seiner Wohnung ankamen, sagte er fast gar nichts mehr. Diese Nacht schlief Corinna bei ihm, und er war froh über ihre Gesellschaft, genoss es sie im Arm zu halten, ehe er einschlief.
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Beitragvon Gaefa » 04.06.2007, 11:25:02

Wieder eine sehr sehr toll geschriebene Fortsetzung!
Gabi tut mir richtig leid, die armne.
Corinna kommt mir immer komischer vor, weiß auch net warum...

Bin schons ehr gespannt wie es weiter geht!!!
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Beitragvon ChristineDaae » 04.06.2007, 11:34:38

Oh, schon 2 neue Fortsetzungen! Ich hatte die andere noch gar nicht gesehen, wie konnte mir das passieren... :oops: :oops:

Jedenfalls sind beide total gut! Nur weiter so! *knuffel*
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Beitragvon Kitti » 04.06.2007, 14:24:42

Corinna scheint wohl ein wenig eifersüchtig zu sein oder? Vielleicht hat das ja einen Grund? :D Macht die Sache jedenfalls ziemlich spannend! Wie immer toll geschrieben, bitte bald weiter!

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Beitragvon Sisi Silberträne » 10.06.2007, 12:19:50

Bedankt :)
Kitti> kann wohl leicht sein, wer weiß ^^
So, hier kommt der neue Teil, etwas kurz, ich weiß, der nächste wird dann wieder länger.


Weil Oliver am Dienstag spielfrei hatte, traf er erst am Tag darauf wieder auf Gabi. Für den Rest der Woche war sie jeden Abend im Theater, auch am Samstag, weil Theresa, ihre Zweitbesetzung, überraschend krank geworden war. In dieser Vorstellung stand der deutsche Landsmann Jens als Franz Joseph mit ihr auf der Bühne, und wie gewöhnlich spielte er ebenso gut, wie Sebastian.
In der Pause fand man sich wie so oft zum kurzen Plausch in der Kantine ein, die unter der Leitung der attraktiven und recht freizügigen Bella stand, mit der Jens die ganze Zeit ungeniert und mäßig erfolgreich flirtete. Olivers Blick glitt besorgt zu Gabi, die furchtbar blass und erschöpft wirkte, so als hätte sie lange nicht mehr richtig geschlafen oder gegessen. Vermutlich war das auch der Fall. Wenn sie so weiter machte, würde sie irgendwann noch vor Erschöpfung einfach umkippen.

Während der zweite Akt bereits begann, zogen sich Gabi und Jens für die nächste Szene um. Oliver hatte sogar noch etwas mehr Zeit und ging rasch zur Toilette. Auf dem Gang vor den Garderoben traf die Holländerin auf ihren Kollegen, von dem sie sich nun über die Bühne führen lassen musste. Es war ein offenes Geheimnis, dass sie ihn nicht mochte, aber trotzdem schenkte sie ihm ein leichtes Lächeln.
Jens piff anerkennend durch die Zähne. „Habe ich schon einmal erwähnt, dass du in dem Kleid ausgesprochen heiß aussiehst?“
Sie runzelte die Stirn. „Glaub schon… danke.“
„Bitte, ist ja nur die Wahrheit.“ Er schaute sie fragend an. „Wie wär’s? Gehen wir zwei Hübschen nach der Show noch irgendwo einen trinken?“
„Das ist lieb gemeint, aber ich bin für so etwas nicht in der Stimmung.“ Sie blickte stur geradeaus den Weg entlang, den sie gleich mit ihm gehen musste. In diesem Augenblick kam Oliver zurück.
Jens’ Gesichtsausdruck änderte sich ins Verständnislose. „Himmel, findest du nicht, dass es langsam Zeit ist, mit dieser Gefühlsduselei aufzuhören? Menschen sterben nun einmal, das gehört zum Leben dazu. Willst du ihm bis ans Ende deiner Tage hinterher weinen? Such dir einfach einen anderen Kerl, und gut ist.“
Jedes dieser Worte traf Gabi wie ein verbaler Faustschlag. Sie wusste nicht, was sie darauf entgegen sollte, am liebsten wäre sie einfach davon gelaufen. Doch das ging nicht, sie musste ja gleich auf die Bühne.
„Fang am besten mit mir an“, fuhr er grinsend fort. „Ich bringe dich ganz schnell auf andere Gedanken, wirst sehen. Also, wie steht’s?“
Im nächsten Moment bekam er Olivers sehr reale Faust zu spüren. „Hältst du endlich deinen verdammten Mund?“
Erstaunt und dankbar zugleich sah Gabi den jungen Wiener an. Dieser wusste selbst nicht so recht, was er da gerade getan hatte. Jens wusste es genau. Er rappelte sich schimpfend auf und wollte sich offenbar auf seinen Kollegen stürzen, doch Gabi zog ihn am Arm zur Seite. Es war an der Zeit für den gemeinsamen Auftritt.

Oliver schaute den beiden nach. Er hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nie jemanden geschlagen, sah man von Raufereien mit den Klassenkameraden während der Schulzeit ab. Doch Jens hatte es verdient, ihm war nicht einmal aufgefallen, wie sehr er Gabi mit seinen Äußerungen verletzt hatte. Trotzdem wusste er, dass er nicht richtig gehandelt hatte. Gewalt war keine Lösung. Nur weil man so etwas konnte, hatte man noch nicht das Recht es zu tun. Dass er selber auch wieder auf die Bühne musste, hielt ihn davon ab, zu viel nachzudenken. Für den Rest der Show war die Stimmung zwischen Jens und ihm denkbar schlecht, doch das Publikum ließen sie davon natürlich nichts merken, sie waren durch und durch Meister ihres Fachs. Auch Gabi wollte mit ihrem Kollegen nur noch das Nötigste zu tun haben.

Nach der Vorstellung wurde der junge Sänger prompt wieder an den Vorfall erinnert, als seine Freundin auf ihn zugestürzt kam. Offenbar wusste sie bescheid, aber das wunderte ihn nicht. Neuigkeiten und Gerüchte verbreiteten sich üblicherweise in Windeseile im Theater.
„Stimmt es, dass du Jens geschlagen hast?“ wollte Corinna sofort wissen.
Oliver nickte leicht. „Ich habe ihm eine verpasst, ja, aber ich bin nicht stolz darauf. Mir ist eine Sicherung durchgebrannt, als ich ihn so mit Gabi reden hörte.“
„Mit Gabi... darum also“ Die Maskenbildnerin ließ seinen Arm los. „Na ja, du wirst wissen was du tust. Ich habe noch viel zu tun, wir sehen uns später.“
Im nächsten Moment war sie auch schon wieder verschwunden, Oliver sah ihr verdattert nach. Hatte er etwas Falsches gesagt? Es war doch nur die Wahrheit gewesen. Manchmal waren Frauen wirklich sehr schwer zu verstehen. Auch als sie sich später nach getaner Arbeit wieder trafen, wurde er nicht schlau aus ihr. Sie war kurz angebunden und vermied es auf das Thema zurück zu kommen. Eigentlich hatten sie noch etwas zusammen unternehmen wollen, doch seine Freundin beharrte auf einmal darauf, sich nicht wohl zu fühlen und nach Hause zu wollen.

Aus diesem Grunde ließ er den Samstag Abend daheim ausklingen, las seine Mails, hing vor dem Fernseher. Er schrieb Corinna eine Kurzmitteilung, in der ihr sagte, dass er sie liebte, und ihr baldige Besserung wünschte, aber die blieb unbeantwortet. Stattdessen rief Gabi an, um sich für die Unterstützung zu bedanken, im Theater war das einfach im allgemeinen Wirbel untergegangen. Oliver wiederholte, was er schon gegenüber seiner Freundin geäußert hatte. Die Holländerin tröstete ihn damit, ihn auch nie als einen jener Männer, die zu Gewalt neigten, eingeschätzt zu haben. Spontan lud der junge Mann seine Kollegin noch dazu sein, ihn am Montag in den Stall zu seinem Wallach zu begleiten. Das hatte er ihr ja versprochen, und er merkte an ihrer Stimme, wie sehr sie sich darüber freute.
Mit gemischten Gefühlen legte er danach sein Telefon zur Seite. Was auch immer Corinna hatte, er hoffte, dass es am Ende nicht daran lag, dass er sich so um Gabi bemühte. Das war doch albern. Selbst ein Blinder sah, das es dieser schlecht ging, und sie jede Hilfe gebrauchen konnte. Mit dem Vorsatz darüber so bald wie möglich mit seiner Freundin zu sprechen legte er sich schließlich schlafen. Seine Träume waren wirr, diese Nacht. Corinna und auch Gabi traten darin auf, doch an die Zusammenhänge entsann er sich später nicht mehr. Wahrscheinlich war das auch besser so.
Zuletzt geändert von Sisi Silberträne am 26.09.2007, 18:51:47, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitragvon Gaefa » 10.06.2007, 13:29:17

Wieder ein super schöner Teil! Gefällt mir richtig gut!
Bin sehr gespannt wie es weiter geht!
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Beitragvon ChristineDaae » 10.06.2007, 18:16:15

Wow, super geschrieben! Ich hätte diesem Jens auch eine geknallt.... Sowas von gefühllos! :evil:
Corinna scheint ja wirklich eifersüchtig zu sein... Bin schon gespannt, wie es weitergeht! :)
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Beitragvon Kitti » 10.06.2007, 18:32:59

Du kennst ja meine Meinung schon. Jens hat Schläge verdient, aber du ein dickes Lob! :)

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Beitragvon Sisi Silberträne » 29.02.2008, 22:17:01

Äh, das ist ja hier noch gar nicht der mehr oder weniger aktuelle Teil... dass ich euch die Fortsetzung so lange vorenthalten hab *schäm*


Wie mechanisch ließ Gabi das Telefon neben sich aufs Bett fallen, als ihr Kollege aufgelegt hatte. Seine Stimme zu hören, war schön gewesen, doch nun herrschte wieder Stille. Ihr Blick fiel auf das gerahmte Foto, das sie vom Regal im Wohnzimmer hierher auf ihr Nachtkästchen gestellt hatte. Es zeigte sie zusammen mit Viktor. Er stand hinter ihr, hatte die Arme um ihre Taille gelegt, seine Hände ruhten auf ihrem sehr rundlichen Bauch. Die Aufnahme war etwa zwei Monate vor Sophies Geburt entstanden, in einer Zeit, als Gabi noch gedacht hatte, dass nichts ihr gemeinsames Glück jemals trüben oder gar zerstören konnte.
„Warum tust du uns das an?“ flüsterte sie mit brüchiger Stimme, während Tränen ihre Wangen hinab zu laufen begannen. „Wie kannst du nur...“
Zu dem Schmerz, der seit Viktors Unfall ihr ständiger Begleiter war, gesellte sich nun eine unbändige Wut, die wie ein wildes Tier an ihren Eingeweiden nagte. Sie ergriff das Bild, von dem aus ihr Mann sie stumm anlächelte.
„Du hast uns allein gelassen!“
In einem jähen Gefühlsausbruch warf sie das Foto gegen die Wand, sodass der Rahmen mit einem Klirren zerbarst. Sie ließ sich bäuchlings aufs Bett fallen, vergrub das Gesicht im Polster und schrie sich ihren Kummer von der Seele.

„Mama?“
Sophies kleine Finger zupften am Ärmel von Gabis Nachthemd. Sie richtete sich auf, schaute in das ängstliche Gesicht ihrer Tochter.
„Was ist denn los, mein Schatz?“ fragte sie sie behutsam.
„Da war ein böses Monster“, meinte das Mädchen sehr überzeugt. „Mag bei dir schlafen, Mama. Darf ich?“
Die Holländerin wusste, dass Sophie sich so schnell nicht davon überzeugen lassen würde, dass sie geträumt hatte, und in ihrem Zimmer keinerlei Ungeheuer hausten. Kurz darauf lag die Kleine zufrieden auf der anderen Seite des Bettes. Gabi strich ihr liebevoll übers Haar und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf jetzt, Hummelchen.“
Bevor die dunkelhaarige Frau sich ebenfalls ins Bett legte, sammelte sie wohl oder übel noch die Scherben des Rahmens ein, damit am nächsten Morgen niemand mit bloßen Füßen darauf trat. Das Foto legte sie wieder aufs Nachtkästchen. Sie fühlte sich nun innerlich vollkommen leer, so als hätte etwas alle Gefühle aus ihr heraus gesaugt.

Übers Wochenende hörte Oliver nichts von Corinna, seine Kurzmitteilungen, in denen er sich erkundigte wie es ihr ging, blieben unbeantwortet. Erst am Montag Vormittag zeigte sein Handy beim durchdringenden Klingeln ihren Namen auf dem Display.
„Hallo Süße“, meldete er sich. „Schön, dass du anrufst, du machst dich ja rar. Geht es dir denn mittlerweile besser?“
„Hi Oli, ja danke, mir geht’s wieder gut. Hast du mich denn vermisst?“
Er konnte ihr schalkhaftes Grinsen beinahe durchs Telefon sehen. „Natürlich habe ich das, was denkst du denn? Das war ein sehr einsamer Sonntag.“
„So sehr, dass du Lust hast nachher mit mir shoppen zu gehen?“ fragte sie scheinheilig weiter. „Danach könnten wir was essen und dann gleich zum Theater fahren. Was hältst du davon?“
Ein leises Seufzen entkam ihm. Dass sie auch gerade jetzt auf eine solche Idee kam. „Corinna, das geht leider nicht. Ich muss heute noch zum Pferd. Ein anderes Mal können wir das gerne machen.“
„Wozu hast du eigentlich eine Reitbeteiligung?“ Ihr Tonfall war sehr vorwurfsvoll.
„Christl ist morgen dran, da hätte ich dann auch Zeit, wenn es dir recht ist das Shoppen zu verschieben.“
„Ich will dich aber heute gerne sehen, du bist doch mein Freund. Wie wäre es, wenn ich dich in den Stall begleite?“
Damit hatte er nicht gerechnet, entsprechend perplex war er auch. Normalerweise hätte er sich sehr über ihre Gesellschaft gefreut, aber er hatte Gabi ja schon angeboten sie mitzunehmen.
„Das würdest du tun? Du langweilst dich bestimmt furchtbar, wenn du mir zusehen musst, während ich auf dem Platz reite.“
„Ach, wer weiß. Vielleicht entdecke ich sogar noch meine Liebe zu Pferden“, gab sie zurück.
Er reagierte nicht gleich, dachte nach, wie er die nächsten Worte am besten sagen konnte. „Das nächste Mal gerne, ich würde mich darüber sehr freuen. Nur heute geht es nicht. Ich habe Gabi versprochen sie auf Marokko reiten zu lassen. Bitte sei mir nicht böse, ja?“
„Verstehe, wie dumm von mir. Ich hätte es wissen müssen...“ Sie schnaufte hörbar. „Bis irgendwann.“
„Corinna, warte! Ich...“
Doch es war zu spät, sie hatte das Gespräch bereits beendet. Säuerlich legte er das Telefon beiseite. Warum konnte sie einfach nicht verstehen, dass er seiner holländischen Kollegin helfen wollte? Das war schließlich nicht weiter ungewöhnlich, wo er jeden Abend im Theater merkte, wie unglücklich sie war. Die fröhliche lebenslustige Frau von früher schien tief in ihrem Herzen eingeschlossen zu sein.

Wie verabredet holte er Gabi um vierzehn Uhr an der Ecke bei ihrem Wohnhaus ab. Sie wartete schon auf ihn, und als sie sich neben ihn auf den Beifahrersitz gleiten ließ, beschlich ihn die Ahnung, dass nicht einmal ihre größten Fans sie so noch erkennen würden, wenn sie ihnen einfach so über den Weg lief. Sie war schlicht gekleidet, trug Jeans und einen schon etwas älteren grauen Mantel, aber das war nicht der Grund. Sie sah krank aus, am liebsten hätte er sie wieder nach Hause ins Bett geschickt.
„Servus du, na fit fürs Reiten?“
„Hallo Oliver“, antwortete sie. „Weiß ich nicht, bestimmt bin ich total eingerostet. Wir werden sehen. Danke, dass du mich mitnimmst, du bist ein Goldstück.“
Er lächelte bei dieser Bemerkung. „Das mach ich doch gern. Wo hast du eigentlich Sophie gelassen? Hättest sie ruhig mitbringen können.“
„Die ist bei Marianne, und hat mir eine Szene gemacht, als ich gegangen bin.“ Gabi seufzte. „Das macht sie seit Kurzem dauernd. Sie klammert sich heulend an mich, will mich nicht weglassen, weil sie Angst hat, dass ich einmal nicht wieder komme. So wie Viktor. Irgendwann wird das auch wieder aufhören...“
Oliver wollte es etwas antworten, doch er kam nicht dazu, denn im selben Moment wurde er von einem anderen Autofahrer rücksichtslos geschnitten. Er bedachte diesen mit einer wütenden Verwünschung. Manche Leute sollten wirklich keinen Führerschein besitzen dürfen.

Bald darauf waren sie auf dem Hof. Marokkos Box lag im hinteren Teil des Stalls, die beiden kamen auf dem Weg an einem in der Gasse angebundenen Pferd vorbei, das sie prompt angiftete. Olivers Wallach war da schon viel besser gelaunt, er schnaubte freundlich sobald er seinen Besitzer erkannte, und ließ sich gerne von Gabi über die weichen Nüstern streichen.
„Wenn du willst, kannst du ihn schon rausholen und in der Stallgasse anhängen, während ich das Putzzeug hole.“ Oliver gab ihr Marokkos Halfter samt Führstrick. Er blieb allerdings nur ein paar Schritte weit entfernt stehen, um zuzusehen, wie seine Kollegin mit dem Pferd umging. Scheinbar hatte sie nichts verlernt, so überließ er ihr auch gerne das Putzen. Das Auskratzen der Hufe übernahm er dann allerdings, weil sich der Wallach prompt stur stellte, das konnte er sehr gut. Beim Trensen ebenfalls, doch Gabi schaffte es ihm das Gebiss ins Maul zu schieben.
Nachdem Marokko gesattelt und gezäumt war, gingen die beiden mit ihm auf den Reitplatz. Es war ein sonniger Tag, der genutzt werden wollte. Beim Reiten wurde einem dann sowieso warm.
„So, dann zeig mal was du kannst.“ Der junge Mann lächelte seine Kollegin an.
„Ich werde mich bemühen“, entgegnete Gabi, und schwang sich durchaus sehr elegant auf. Sie brauchte etwas Zeit, um wieder das richtige Gefühl für die Bewegungen des Pferdes zu bekommen, die Hilfen hatte sie nicht verlernt. Oliver freute sich darüber, wie gut Marokko unter ihr ging. Natürlich probierte der Wallach aus, wie weit er gehen konnte, doch Gabi wusste mit ihm umzugehen. Sie ritt wirklich gut.
„Wenn du genug hast, lass mich noch kurz drauf“, meinte er, nachdem sie gut eine halbe Stunde geritten war. In den letzten zehn Minuten hatte sie nachgelassen und Marokko kam mit seinen Spinnereien immer wieder durch.
Als sie den Wallach in der Mitte des Platzes zum Halten brachte, ging Oliver zu den beiden hinüber, und nahm die Zügel, damit Gabi absteigen konnte. Sie landete sicher mit beiden Beinen auf dem sandigen Boden, aber dann kippte sie plötzlich nach hinten.
„Gabi!“
Erschrocken machte der junge Mann einen Satz nach vor, schaffte es gerade noch sie aufzufangen, ehe sie fiel. Reglos hing sie in seinen Armen.
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Beitragvon Kitti » 29.02.2008, 22:37:23

Juhu, endlich geht es weiter. Obwohl ich diesen Teil schon kenne, freue ich mich natürlich, dass du das nächste Kapitel gepostet hast. Ich hoffe, dass die nächste Fortsetzung schneller kommt, da ich diese Story super finde. :)
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Beitragvon ChristineDaae » 01.03.2008, 12:18:40

Schönes neues Kapitel :) Aber wie kannst du nur an dieser Stelle aufhören?!? *schümpf* Schnell weiter! :D
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
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Beitragvon Gaefa » 01.03.2008, 16:15:02

Kann mich nur anschließen, wieder ein sehr schöner Teil!
Du weckst die ganze Zeit das Gefühl beim Lesen, dass das Kapitel mal gut ausgeht und dann sowas... Schnell weiter, damit wir nicht zu lange um Gabi zittern müssen ;)
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Beitragvon Sisi Silberträne » 15.04.2008, 23:04:25

Ich habs geschafft, weiter zu schreiben, jay me *ggg* Viel Spaß beim Lesen, und danke für die bisherigen Reviews =)


Für einige Augenblicke stand Oliver unschlüssig da, er konnte sich nicht gleichzeitig um Gabi kümmern und aufpassen, dass sein Wallach keine Faxen machte. Doch zum Glück kam kurz darauf ein Mädchen vorbei, das wohl gerade zum eigenen Pony auf die Weide wollte. Er bat es darum Marokko hinein zu führen, während er seine Kollegin auf den Armen trug. In der Stallgasse befanden sich einige aufeinander gestapelte Strohballen, auf die er Gabi vorsichtig legte. Nachdem er sein Pferd angebunden hatte, wandte er sich der Holländerin zu, deren Lider flatterten.
„Na endlich...“, murmelte er. „Wie fühlst du dich?“
Gabi setzte sich langsam auf, ignorierte die schwarzen Punkte, die für einen Moment vor ihren Augen tanzten. „Es geht schon wieder. Ich glaube ich bin einfach nur übermüdet.“
Falten der Missbilligung bildeten sich auf Olivers Stirn. „Nur übermüdet?? Begreifst du es denn immer noch nicht? Das war eine deutliche Warnung deines Körpers. Du kannst so nicht weiter machen!“
„Mir geht es gut!“ herrschte sie ihn plötzlich an. Im nächsten Moment tat es ihr jedoch schon wieder leid, sie senkte den Kopf.
„Nein, es geht dir eben nicht gut…“ erwiderte der junge Mann. Gabi schwieg daraufhin. Sie blieb still, während Oliver seinen Wallach versorgte, und sprach auch während der Rückfahrt kaum ein Wort.
Erst am darauf folgenden Abend im Theater sahen sie sich wieder, doch etwas hatte sich verändert. Die Holländerin war verschlossen und wich ihrem Kollegen aus, sie redeten miteinander nur noch über Belanglosigkeiten. Dies blieb natürlich Corinna nicht verborgen, sie bemühte sich sogleich umso hingebungsvoller um Oliver, der ungewollt genervt darauf reagierte.

Es wurde Dezember, die Weihnachtszeit kam. Die Straßen zeigten sich nach und nach mit bunten Lichterketten geschmückt, man sah Weihnachtsmänner, Rentiere, die ganze Palette überall. Oliver mochte Weihnachten sehr, er verbrachte die Feiertage jedes Jahr bei seiner Familie in Niederösterreich. Seine Eltern hatten dort ein Haus und nach Heiligabend kam meistens auch seine Schwester vorbei. Er war recht froh nicht in ihrer Haut zu stecken, weil sie ständig von ihren Eltern bedrängt wurde, doch endlich ihren langjährigen Freund zu heiraten.
Am dreiundzwanzigsten stand noch eine Vorstellung auf dem Programm, sodass Oliver die Weihnachtsgeschenke für Gabi und Corinna an diesem Abend mitnahm. Er traf seine Kollegin vor dem Anschlagbrett und legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Hallo Majestät“, meinte er scherzhaft zu ihr und hielt ihr ein kleines liebevoll eingewickeltes Päckchen unter die Nase. „Fijne Kerstdagen. Hab ich das nun richtig ausgesprochen?“
Sie nickte lächelnd. „Perfekt. Hast du heimlich geübt?“ Neugierig öffnete sie das Geschenk, in dem eine Kette mit einem grünen Stein zum Vorschein kam. Es war ein Aventurin, der für eine positive Lebenseinstellung förderlich sein sollte. Überrascht schaute sie das Schmuckstück zwischen ihren Fingern an. „Das ist ja wunderschön. Du bist so süß, danke!“ Sie gab ihm ein freundschaftliches Bussi auf die Wange, und hängte sich die Kette um den Hals.
„Freut mich, dass es dir gefällt. Für Sophie habe ich auch was. Ein Spielzeugpferd ist drin.“ Er gab ihr ein weiteres größeres Päckchen.
„Da wird sie sich aber freuen. Und ich hab auch was für dich.“ Sie holte etwas aus ihrer Tasche, das ein wenig unförmig wirkte und mit einer großen Masche versehen war. Gespannt sah sie dabei zu, wie Oliver ein nagelneues blaues Halfter für Marokko auspackte, und musste im nächsten Moment aufpassen nicht erdrückt zu werden. Beide bemerkten nicht, dass Corinna in der Tür der Damengarderobe aufgetaucht war, die Maskenbildnerin beobachtete die Szenerie mit zusammengekniffenen Augen.

So schnell Oliver Gabi erwischt hatte, so schwer fiel ihm das bei seiner Freundin. Schließlich schaffte er es, ihr sein Geschenk kurz vor Vorstellungsbeginn zu geben. Sie reagierte enttäuscht, als sie den kleinen grauen Teddy mit dem Herz in der Hand hielt. Die Grußkarte, bei der die eigentliche Überraschung lag, zwei Karten für das Programm eines Kabarettisten, den sie mochte, sah sie aus Zeitmangel nur rasch an. Oliver hoffte ihren Geschmack gut getroffen zu haben, doch sie kamen bis zum Ende der Vorstellung partout nicht dazu, miteinander zu sprechen, und dann konnte er sie nirgendwo mehr entdecken.
Ihr Geschenk hatte er in der Pause geöffnet, es war ein sehr gut riechendes Aftershave. Als er sich endlich mit Weihnachtsmitbringseln von dem ein oder anderen Fan aus der Menge befreit hatte, versuchte er Corinna anzurufen, um sich richtig zu bedanken, doch ihr Handy war abgeschaltet, vielleicht war ja der Akku leer.

Zu Hause hatte er es sich kaum auf dem Sofa gemütlich gemacht, als sein Handy klingelte. Am anderen Ende war Tommy, sein bester Freund, und die beiden verabredeten den Vorweihnachtsabend noch mit einem Bierchen und einem Film zu beschließen. Keine Viertelstunde nach dem Gespräch klingelte es an der Tür, doch draußen stand nicht Tommy, sondern Corinna. Überrascht machte er einen Schritt zur Seite, damit seine Freundin herein kommen konnte.
„Ich wollte mich noch für dein Geschenk bedanken, irgendwie war im Theater keine Zeit dazu“, sagte sie ein wenig verlegen. „Ich freu mich sehr über die Karten, das wird bestimmt ganz toll. Eigentlich wollte ich dich ja ohnehin fragen, ob du mit mir dahin gehen magst.“
Oliver grinste breit. „Na dann habe ich ja das Richtige erwischt, das ist gut. Über das Aftershave freue ich mich auch, das hast du fein ausgesucht.“
Er küsste sie zärtlich, und sie gingen ins Wohnzimmer. Der Fernseher war eingeschaltet, gerade lief „Single Bells“. Den mochten sie beide, weshalb sie kurz darauf andächtig Arm in Arm auf dem Sofa saßen.

Erst als es erneut an der Tür klingelte, fiel Oliver ein, dass er sich ja zuvor mit seinem Kumpel verabredet hatte. Tommy bemerkte erstaunt den Damenbesuch und musterte seinen Freund mit erhobener Augenbraue.
„Oh, komme ich ungelegen? Dann geh ich wieder…“
„Nein, bleib. Wir hatten doch telefoniert. Ich wusste nicht, dass Corinna vorbei kommt“, entgegnete er ein wenig verlegen, über den Planungszusammenstoß, und sah dann zwischen beiden hin und her. „Tommy, Corinna. Corinna, Tommy.“
Die blonde Frau nickte auf die vorigen Worte leicht. „Ich würde mir schäbig vorkommen, wenn er dich wegen mir rauswirft.“
Oliver war erleichtert, dass sich offenbar niemand an dem Missverständnis störte, so brachte er Bier und Knabbereien, und sie saßen zu dritt vor dem Fernseher, während immer noch der Weihnachtsfilm lief. Es sah jedoch keiner mehr richtig hin, weil sie sich gut unterhielten. Tommy und Corinna schienen sich auf Anhieb gut zu verstehen.
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