Will euch ja nicht zu lang auf die Folter spannen, also weiter gehts Am folgenden Montag, nach dem Schleppen einiger Umzugskartons, saßen wir dann gemütlich bei mir auf der Couch. Wir waren dabei eine Einkaufsliste zusammen zu stellen, um den freien Abend dazu zu nutzen, etwas Feines zu kochen. Gemeinsam machte das viel mehr Spaß, als wenn man alleine war. Unsere Wahl fiel auf Asiatisch, das mochten wir beide sehr. Ich sah ihr verstohlen dabei zu, wie sie mit geschmeidigen Bewegungen die Seiten meines Wok-Kochbuchs umblätterte und mit dem Finger die Zutatenliste entlang glitt.
„Wie wäre es damit? Bratnudeln mit Frühlingszwiebeln und Ingwer“, fragte sie. „Und als Vorspeise Frühlingsrollen.“
Das klang verlockend, fand ich. Nachdem ich notiert hatte, was sie vorlas, brachen wir auf. Wir erstanden im Asialaden auch Calpico, japanisches Joghurt-Soda.
Später tobten wir uns in der Küche aus, während im Hintergrund eine Abba-CD lief, die ausgelassenen Lieder waren jetzt genau richtig. In der Pfanne wurde schon das Öl für die Frühlingsrollen warm, die wir noch fertig formten. Die erste warf ich viel zu ungeschickt in den Wok, sodass ein großer Öltropfen auf meine Hand spritzte.
Sie kicherte, als ich diese das Gesicht verziehend unter kaltes Wasser hielt. „War da jemand etwa zu stürmisch?“
„Das ist nicht lustig“, brummte ich verdrießlich und spritzte ihr eine Ladung des kühlen Nass ins Gesicht. Bestimmt hätte ich eine entsprechende Retourkutsche bekommen, wäre das Essen nicht erst einmal wichtiger gewesen.
„Uff“, kommentierte sie, als sie mit den letzten Bissen kämpfte. Auch meine Schüssel war beinahe leer. Sie hob ihre Stäbchen mit ein paar von den langen Nudeln in die Höhe, hielt sie mir unter die Nase. „Willst du noch? Ich kann beim besten Willen nicht mehr. Und deine Portion war kleiner.“
Obwohl ich eigentlich auch schon satt war, nahm ich ihr den diesen kleinen Rest ab, und insgeheim genoss ich es, mich von ihr mit den Nudeln füttern zu lassen. Schließlich stellte sie ihre Schüssel zur Seite, um stattdessen nach der Fernbedienung zu greifen. Ein warmer Schauer erfasste mich, als sie zufällig mit ihrer Hand meinen Arm berührte.
„Oh schau, den kennen wir doch!“ Überrascht wies sie auf die Sendung, die sie gerade eingeschalten hatte. Es wurde von einem Society-Event berichtet und mein bester Freund war im Bild. „Er ist ein guter Küsser“, fügte sie grinsend hinzu.
Eine Welle heißer Eifersucht kochte für einen Augenblick in mir auf, ehe ich begriff, worauf sie sich bezog. Ich lachte leise. „Klar, er hat von der besten gelernt.“
Sie legte ihre hübsche Stirn für einen Moment in Falten. Und da war wieder dieses umwerfende Lächeln, das mich fast um den Verstand brachte! Ich konnte nicht mehr an mich halten, beugte mich vor und drückte rasch meine Lippen auf die ihren.
Ich war nicht sicher, welche Art von Reaktion ich eigentlich erwartete, doch gewiss war es etwas anderes, als ihr wie vom Donner gerührter Gesichtsausdruck. Warme Röte durchzog meine Wangen, ich senkte den Blick, während ich darauf wartete, dass sie etwas sagte. Irgendetwas, und wenn sie mich auch nur als verrückt bezeichnete, es würde zumindest die peinliche Stille unterbrechen.
Da spürte ich ihre Hand an meinem Kinn, sie brachte mich sanft, aber bestimmt dazu den Kopf zu heben, sodass ich sie ansehen musste. Im nächsten Augenblick spürte ich ihren Mund den meinen mit einem erneuten Kuss verschließen, lange und intensiv. Unsere Zungen begegneten sich in einem sinnlichen Tanz. Ihre Lippen waren weich wie die Blüten einer Rose und sie schmeckten süßer als Honig. Als wir uns voneinander lösten, fühlte ich mich berauscht, trunken von ihr.
„So, er hat also von der besten gelernt…“ Sie lächelte wissend.
Bevor ich meine Sprache wieder finden konnte, war sie auf den Beinen, sammelte das Geschirr ein und brachte es in die Küche. Ungläubig sah ich ihr hinterher. Hatte sie sich am Ende nur einen Spaß erlaubt?
In dieser Nacht lag ich lange wach im Bett, meine Gedanken glitten immer wieder zu ihr, die im Wohnzimmer auf dem Sofa schlief. Als gute Gastgeberin hatte ich ihr natürlich das Bett angeboten, doch sie hatte darauf bestanden, dass ihr die Couch genügte. Ich fragte mich, ob sie überhaupt den Hauch einer Ahnung hatte, was dieser Kuss in mir ausgelöst hatte. Für mich war das kein Spiel, ich konnte nicht mehr verleugnen was ich empfand, damit würde ich nur mich selbst belügen. Wenn ich diese Gefühle, die in mir waren, doch nur ansatzweise verstünde.
Liebe war schon seltsam. Es gab nichts Schöneres auf der Welt als frisch verliebt zu sein, diese Erfahrung hatte ich schon gemacht – mit Männern. Doch noch nie zuvor hatte ich so etwas für eine Frau empfunden. Mein Verstand, die leise Stimme in meinem Kopf pochte darauf, dass es nicht richtig war, aber mein verräterisches Herz, das dumme Ding, fand es nicht falsch. Zahlte es sich denn aus Hoffnung in etwas zu setzen, das nur in einer bitteren Enttäuschung enden konnte?