Sodele, da ist auch schon die Fortsetzung.
Danke nochmal an alle für ihre Kommentare! Und "Viel Spaß" zu wünschen, wäre irgendwie etwas unpassend, aber lest selbst.
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Sie rannte durch das Schloss, ohne die verwunderten Blicke der Wachposten zu bemerken.
Sie wusste nicht, warum sie es so eilig hatte, sie merkte nur, dass sie fürchterliche Angst hatte.
Ihr Weg führte sie hinaus in den Schlosspark, wo sie plötzlich in einiger Entfernung drei Männer stehen sah. Trotz der Entfernung waren die Worte, welche die Männer wechselten, klar zu hören.
„Als Unparteiischer in dieser Angelegenheit möchte ich Sie beide fragen, ob Sie es in Betracht ziehen, sich gütlich zu einigen. Wären die beiden Kontrahenten bereit, sich auszusprechen und die Ehrverletzung möglicherweise durch eine einfache Entschuldigung oder einen Schlag aus der Welt zu schaffen? Meine Frage gilt zunächst dem Herausforderer.“
Irgendwie kam Sisi diese Stimme bekannt vor, sie wusste aber nicht genau, wer es war.
„Niemals!“
erwiderte eine weitere Stimme.
„Gut, in diesem Fall lehne ich auch ab!“
eine dritte.
„Gut, dann ist der Schlichtungsversuch gescheitert. Meine Herren, die Waffen. Bitte sehr. Treten Sie zurück. 15 Schritte, wie vereinbart.“
Waffen?! Was geht denn da vor sich?!
Im ersten Augenblick glaubte sie, dass jemand ein Attentat plante, aber da passten die Worte, welche die erste Person gesprochen hatte, nicht wirklich dazu. Ehrverletzung… Kontrahenten… Schlichtungsversuch…worum ging es da?!
„Bei drei werden Sie schießen. Eins, zwei, … drei.“
Zwei Schüsse krachten fast gleichzeitig und Sisi fuhr zusammen.
„Ach, wie schlecht Sie schießen“, bemerkte wieder die erste Stimme und klang dabei fast etwas spöttisch, aber auch enttäuscht. „Drei Schritte vor, alle beide.“
„Dachte ich doch, dass das nichts wird. Diese Herausforderung ist lächerlich. Wir sollten das beenden und Ihr solltet Euch damit abfinden, was passiert ist“, bemerkte jetzt die dritte Stimme.
- „Das Duell hat gerade erst begonnen, Graf“, erwiderte die zweite, „und wir werden schon sehen, wer am Ende gewinnt. So einfach lasse ich mir meine Engels – Sisi nicht von einem dahergelaufenen, ungarischen Rebellen wegnehmen.“
Nein, das glaub ich jetzt nicht, erschrak Sisi, als sie schlagartig erkannte, was sich da genau abspielte. Franz Joseph hatte wohl irgendwie herausgefunden was am Nachmittag des Ausflugs passiert war, sich in seiner Ehre verletzt gefühlt und Andrássy zu einem Duell herausgefordert.
Vielleicht konnte sie das Schlimmste noch verhindern.
„Ich zähle wiederum bis drei“, kündigte die dritte Person an. Diese hatte ihren Hut tief ins Gesicht gezogen, so dass Sisi ihn immer noch nicht erkannte.
„Nein, halt! Aufhören!“
rief sie und rannte auf den Schauplatz des Duells zu.
„Sisi?!“
rief Franz Joseph verwundert.
„Erzsébet?!“
Graf Andrássy war nicht weniger überrascht über Sisis Auftauchen.
„Haltet ein! Seid ihr denn beide verrückt geworden?!“ rief Sisi. „Das führt doch zu nichts! Das macht doch alles noch viel schlimmer Warum duelliert ihr euch?! Es ist gar nichts vorgefallen, weshalb du dich gekränkt fühlen musst…“
- „Jedenfalls nichts, von dem du mir erzählen würdest.“ erwiderte Franz wütend. „Aber das brauchst du gar nicht. Ich weiß Bescheid. Und dafür werde ich diesen ungarischen Abschaum…“
Er richtete die Waffe auf Andrássy.
Die erste Person lachte und begann zu zählen. „Eins.“ Und: „Du kannst das hier nicht verhindern. Das Schicksal hat es so vorherbestimmt.“ Mit diesen Worten nahm sie den Hut ab und Sisi erkannte, wer der geheimnisvolle Dritte, der so genau für den Ablauf des Duells Sorge trug, war. Es war kein geringerer als der Tod.
„Wenn du schon nicht freiwillig zu mir kommst, werde ich dir halt wieder jemanden nehmen müssen, der dir etwas bedeutet…“
„Soweit kommt es nicht!“ fasste Sisi einen Entschluss. Sie wusste nun, auf welcher Seite sie stand. Sie wusste, was sie tun musste. Mit ernster Miene trat sie ein paar Schritte nach vorne und stellte sich mit ausgebreiteten Armen direkt in Franz Josephs Schusslinie. Erst kürzlich hatte sie wieder ein Gedicht geschrieben, in dem es darum gegangen war, eine geliebte Person zu beschützen.
„
Wenn ich fühl’, dass er in Gefahr ist, versetz’ ich Berge und teile das Meer –
Er gibt mir Halt, wenn ich traurig bin, ich stell’ mich vor ihn, wenn man ihn bedroht…
In der Dunkelheit gebe ich ihm Zeichen, und im Sturm der Zeit gebe ich ihm Halt…“
Und jetzt war tatsächlich der Zeitpunkt gekommen, ihn zu verteidigen.
„Zwei…“
Der Tod zählte unbeirrt weiter.
„Aus dem Weg, Sisi!“ befahl Franz.
- „Lass ihn in Ruhe, dann trete ich zur Seite.“ erwiderte Sisi. „Was passiert ist, kann man nicht ungeschehen machen. Außerdem habe ich mich nicht gewehrt. Es ist also auch meine Schuld, du kannst ihn nicht allein dafür verantwortlich machen.“
„Mir kommen fast die Tränen vor Rührung“, erwiderte Franz eiskalt. „Auf welcher Seite stehst du eigentlich?! … Nein, antworte nicht. Auch das weiß ich. Und deshalb werde ich erst diese Sache hier zu Ende bringen… bevor ich dich für das alles bestrafe.“
„Das lasse ich nicht zu“, bemerkte Sisi. Jetzt fiel es ihr nicht mehr so einfach, ruhig zu bleiben.
Andrássy trat einen Schritt vor und nahm ihre Hand.
„Erzsébet, das führt doch zu nichts. Geh aus der Schusslinie, such dir einen sicheren Platz, und dann lass mich das ganze beenden… dann können wir endlich zusammen sein und er wird uns nicht mehr im Weg stehen.“
- „Meinst du denn, du hast eine Chance zu gewinnen?“
„Zweifelst du daran?“
Ich bin mir nicht sicher, aber ich wünsch es mir, dachte Sisi, sagte es aber nicht. „Natürlich nicht. Gut, wenn du meinst. Pass auf dich auf…“ Er ließ ihre Hand wieder los. „Selbstverständlich. Es wird nicht mehr lange dauern.“
- „Das glaube ich allerdings auch“, mischte sich jetzt der Tod ein.
„Und weil du mir bislang immer Mut gemacht hast, wird es auch gut ausgehen“, vermutete Sisi. Langsam trat sie einen Schritt zur Seite, dann einen zweiten, immer weiter bis sie an dem Platz stand, von dem sie auch den Beginn des Duells mitverfolgt hatte.
„Drei“, zählte der Tod gleichgültig weiter.
Er hatte sich nicht anmerken lassen, auf welcher Seite er in diesem seltsamen Duell stand. Denn so ganz wie nach den Regeln, die sich langsam für Duelle durchsetzten, war das Aufeinandertreffen von Andrássy und Franz Joseph nicht verlaufen. Sisi wusste dies nur nicht.
Es fiel jedoch erstmal kein Schuss, es blieb verdächtig ruhig. Niemand sagte mehr ein Wort – fast war es, als wäre die Zeit für einen kurzen Moment stehen geblieben.
Im gleichen Moment passierte es jedoch. Franz Joseph hob plötzlich seine Waffe, die er gesenkt hatte, nachdem Sisi in die Schusslinie getreten war, zielte –