Das Musical hat sehr schlechte Kritiken. Kritiken, die so verheerend ausfallen, dass sie mich, hätte ich sie vor dem Kartenerwerb gelesen, vom Besuch des Stückes bestimmt abgehalten hätten. Gut, dass ich es nicht getan habe.
Ich habe aufgrund der Kritiken nicht allzu viel erwartet, eigentlich war ich nur auf Deborah Sasson fokussiert, ansonsten habe ich nicht allzu viel erwartet. Aber ich wurde mehr als angenehm überrascht. Nachbetrachtet bin ich aber der Ansicht, dass sich die Kritiken zumeist auf den Umstand beziehen, dass es sich um eine vollkommene Neuinszenierung handelt und viele Besucher eben die ALW-Version erwartewn und enttäuscht sind. Wenn man sich aber für Musicals interessiert, sollte einem dieser Umstand bekannt sein.
Das Konzerthaus war für Karlsruher Verhältnisse sehr gut gefüllt. Karlsruhe ist einfach keine Musicalstadt. Randvolle Säle sind hier nicht zu erwarten. Hier aber zunächst ein Lob an die Organisation. PdO macht alles richtig, was andere Veranstaltungen, auch Stage, falsch machen. Das beginnt schon beim Live-Orchester. Andere Tourneeveranstaltungen setzen hier eher auf Musik vom Band. Der Eintritt liegt trotzdem bei nur etwa 60 Euro/PK1. Das Programmheft mit CD schlägt mit nur 10 Euro zu Buche, bei Stage liegt man hier schon bei knapp 40 Euro. Großteile des Bühnenbilds bestehen übrigens aus 3D-Projektionen, was auf kleineren, Nicht-Drehbühnen ein großer Vorteil ist. Test in meinen Augen bestanden.
Deborah Sasson/Jochen Sautter haben ein hervorragendes Musical geschrieben, welches das eigentlich verstaubte Karlsruher Publikum zu für seine Verhältnisse geradezu frenetische Beifallsstürme bewegt hat. Das erste Mal, dass ich in Karlsruhe stehende Ovationen und mehrere Vorhänge erlebt habe. Übrigens hält sich das Musical sehr genau an die Romanvorlage von Gaston Leroux, vielleicht sogar genauer als ALW. Es gibt kein Lied aus der ALW-Version, das Libretto und die gesamte Musik ist von Sasson/Sautter vollkommen neu geschrieben.
Zum Musical selbst: Deborah Sasson, die selbst den Part der Christin singt, hat eine hervorragende Truppe zusammengestellt. Ihr eigener Part erscheint teilweise sehr opernhaft, vielleicht eine der besten Musicalrollen, die ich je erlebt habe. Axel Olzinger spielt ein hervorragendes un d sehr glaubhaftes Phantom. Auch die anderen Rollen sind hochklassig besetzt, die nicht nur mich begeistert haben. Daumen hoch. An den Reaktionen des Publikums konnte ich herauslesen, dass nicht nur ich hochzufrieden nach Hause gegangen bin. Für mich ist das Musical eines der persönlichen Highligts 2016
Vielleicht noch ein kleines Schmankerl am Rande. es gab im Foyer von zwei Programmverkäuferinnen eine kleine spontane Gesangseinlage. Wundervolle Stimmen, die einen kleinen Applaus verdient hatten. Die Programmverkäuferinnen/Sängerinnen sahen wir dann später im Ensemble wieder.
Ich jedenfalls kann diese Neuinszenierung nur empfehlen und werde selbst, wenn ich die Möglichkeit habe, gerne noch einmal im Publikum sitzen.
Cast:
Christin Dae Deborah Sasson
Phantom/Eric Axel Olzinger
Raoul Jochen Sautter
Darren Perkins Der Perser
Martina Göhring: Madame Sorelli
Ann Jennings Carlotta
Marcin Drzazdzynski Polizist
Robert Schwats Operndirektor
Michael Fernbach Operndirektor
Tadeusz Kopec Kommissar
Niva Eshed Ballettmädchen
Katrin Schubert Ballettmädchen
Giulia di Romualdo Ballettmädchen
Linor Oren Ensemble
Piotr Pawlak Enemble
Katharina Sophia Bakhtari Ensemble
Daniel Stryjecki Videoanimation
Piotr Oleksiak Dirigent