JCS Ostern 2011 - Bericht

Wie gefiel euch eine Vorstellung und was würdet ihr kritisieren?

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flummi
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JCS Ostern 2011 - Bericht

Beitragvon flummi » 04.05.2011, 10:40:38

JCS in diesem Jahr 2011 war schon etwas ganz Besonderes, finde ich!
Dies lag ohne jeden Zweifel an der Leistung von Drew Sarich, der eine unvergleichliche stimmliche Qualität besitzt und eine absolute künstlerische Hingabe gezeigt hat!

Im Vergleich zur Inszenierung in der Stadthalle 2008 war mehr szenisches Spiel vorgesehen, was mir sehr gefallen hat, denn so konnte Drew noch mehr von dem zeigen, was er kann.
Glücklicherweise hatte ich bei meinen besuchten Shows sehr gute Plätze und vor allem als ich Orchester Reihe 1, Platz 5 saß, hatte ich Drew nur ca. 2m von mir entfernt, als er 'Gethsemane' gesungen hat und 'gestorben' ist.

Ich bin ja schon seit vielen Jahren Drew-Fan, aber durch diese Shows ist meine Begeisterung für das, was er kann, noch sehr viel größer geworden, ich hätte nicht gedacht, dass es mich so umhauen würde, was er da auf der Bühne tut.

Ich war nach den Shows regelrecht 'mitgenommen', so sehr haben mich Drews Gesang und sein Schauspiel gepackt, das hatte ich so wirklich nicht erwartet und ich kann mich auch nicht erinnern, dass es mir schon mal so ergangen ist in einem Stück.

Dass es am Samstag nach 'Gethsemane' direkt Standing Ovations noch während des Stück gab - das habe ich zuvor auch noch nie erlebt, aber wenn es jemals angemessen war, dann sicherlich genau in diesem Moment!
Es hat mich für Drew wirklich sehr, sehr gefreut, denn ich denke, dass diese Art der Auszeichnung durch das Publikum für einen Darsteller etwas ganz Besonderes ist.

Ich bin immer wieder darüber erstaunt, wie sehr Drew seine Stimme beherrscht und auch darüber, was er aus dieser rausholt und mit ihr erreichen kann.
Man hat ihm an den drei JCS-Tagen und auch als Krolock in den zwei darauf folgenden Shows überhaupt nichts angemerkt von den 'Strapazen' der Rolle und das finde ich schon sehr beeindruckend.
Vor allem auch seine Wechsel zwischen Kopf- und Bruststimme sind so fließend und perfekt, dass man es fast gar nicht bemerkt.
Und dass man bei ihm ja sowieso immer das Gefühl hat, jeder Ton passt zu 100 Prozent und es ist ausgeschlossen, dass er mal daneben liegt, rundet den positiven und überwältigenden Eindruck seiner Leistung noch ab.

So ein bisschen fehlen mir in Bezug auf Drew Sarich wirklich die Superlative und ich kann nur konstatieren, dass ich in meiner langen, langen Musical'karriere' noch nie so eine Leistung eines Darstellers erleben und genießen durfte!

Dass JCS zu Drews absoluten Lieblingsstücken gehört, hat er ja in vielen Interviews gesagt und ich denke, dass seine Leidenschaft für dieses Stück auch seine Leistung auf der Bühne beflügelt hat.

Auch wenn die Phrase abgedroschen klingen mag - Drew Sarich lebt die Rolle des Jesus, er IST in diesem Moment auf der Bühne genau diese Person und das macht mit Sicherheit die Faszination seines Spiels aus.
Er lässt die Zuschauer teilhaben an 'seinem' Leiden und ist sich nicht zu schade, dies bis zum Äußersten auf der Bühne darzustellen. Er entblößt sich für diese Rolle vor seinem Publikum, läßt sich demütigen, beschimpfen, verraten und geißeln und zeigt all diese Zustände nicht nur mit seiner Darstellung, sondern legt die Emotionen ebenso in seiner Stimme an.
Und eben dies ist es, was die Zuschauer berührt, trifft und mitleiden lässt.
Und eben dies ist die Kunst, die Drew Sarich in Perfektion beherrscht!


Caroline Vasicek hat die Maria Magdalena zum wiederholten Mal gespielt und auch wenn man doch noch ein bisschen mehr aus der Rolle herausholen könnte, hat sie mir ganz gut gefallen.

Sie spielt sehr solide und das Highlight in ihrer Darstellung war in meinen Augen die Verzweiflung, die sie bei 'Pilate and Christ' gezeigt hat. Es hat mich wirklich berührt, wie sie als einzige gegen den Mob angeschrien hat, obwohl ihr klar sein musste, dass sie keine Chance hat.
Und auch ihr kurzes 'Gespräch' mit Petrus nach dessen Verleugnung war ebenfalls sehr überzeugend gespielt und emotional gesungen.

Ihre Stimme würde ich als schön und gefühlvoll bezeichnen ohne besonders herausragend zu sein. Bei den hohen Tönen könnte sie manchmal etwas kraftvoller singen, da könnte etwas mehr kommen.

Im Zusammenspiel mit Drew hat sie mir gut gefallen und sie hat Jesus ja auch die ganze Zeit 'umgarnt' und sich um ihn gesorgt. Ein bisschen unklar ist allerdings geblieben, warum er sie dann zurückgestoßen hat und regelrecht abweisend zu ihr war.

Ich habe Caroline nun das dritte Mal in der Rolle gesehen und wie gesagt, sie hat mir gefallen, aber im nächsten Jahr wäre zur Abwechslung ein neues Gesicht auch sehr willkommen.


Mischa Mang fand ich stimmlich ganz gut, aber sein Schauspiel war meiner Meinung nach doch ziemlich übertrieben und an einigen Stellen unpassend und ich hatte nicht das Gefühl, dass er die Rolle wirklich gelebt hat, aber als Gegenspieler von Drew hat man es ja auch nicht besonders leicht.

Für mich kam er ein bisschen so rüber wie eine Mischung aus Meat Loaf und Ozzy Osbourne und er hat mir in dem Stück einfach nicht glaubwürdig genug agiert und der Versuch die Verzweiflung des Judas auszudrücken (z.B. durch dieses imaginäre Nägelknabbern), ist für mich persönlich ziemlich gescheitert.

Ich mag es ja eigentlich nicht, einen Darsteller negativ zu kritisieren, denn ich bin davon überzeugt, dass alle auf der Bühne ihr Bestes geben und er scheint ja auch recht nett zu sein, aber schauspielerisch war ich dann doch ziemlich enttäuscht von seinem Judas.

Allerdings muss ich auch hier wieder anmerken, dass ich Drew im Jahr 2005 im Amstetten 5x in der Rolle gesehen habe und dass mich seine Darstellung wirklich so überzeugt und geprägt hat, dass ich natürlich jeden anderen daran messe.
Und zwischen Drews Darstellung damals und Mischas heute liegen nunmal Welten.

Mischa hat Judas eigentlich hauptsächlich als irre und verwirrt dargestellt und dabei sehr häufig diesen gehetzten Blick gezeigt, der leider wenig variantenreich war.
Mir fehlten da die anderen Facetten von Judas' Charakter (Angst, Selbstekel, Zerissenheit, Wut, Verzweiflung) und das war doch ein bisschen schade.

Sehr gerne hätte ich Rob Fowler als Judas gesehen, vielleicht klappt die Kombi Drew-Rob ja im nächsten Jahr.

In der diesjährigen Inszenierung war Rob in der Dopperolle Simon/Annas zu sehen und ich fand ihn stimmlich und schauspielerisch wirklich absolut genial und überzeugend!
Er ist der einzige Darsteller, bei dem ich - abgesehen von Drew - die 'Kreischtöne ' auch wirklich gut finde, sonst kann das irgendwie keiner so, dass es mir gefällt.

Rob Fowler ist wirklich klasse und hat mit dem Song 'Simon Zealotes' für tolle Stimmung gesorgt.
Er hat eine unglaubliche Bühnenpräsenz gezeigt und seine Auftritte auch schauspielerisch sehr überzeugend präsentiert. Man merkt ihm seine Spielfreude deutlich an und er spielt seine Rolle(n) mit dem ganzen Körper und kann sich sehr gut bewegen.
Zudem mag ich seine Aussprache sehr gern. Da er ja Engländer ist, artikuliert er sehr deutlich, z. B. wenn er singt 'You'll get the power and the glory'.

Außerdem haben mir seine Mimik und sein Schauspiel auch dann sehr gut gefallen, wenn er die Rolle des Annas gespielt hat, da konnte er mich wirklich überzeugen und ich wusste gar nicht, dass er die Höhen, die man für diese Rolle braucht, so problemlos erreicht.

Insgesamt also eine tolle Leistung und auch an der SD war er ausgesprochen nett und hat sich sehr begeistert über das diesjährige Publikum geäußert!


Von Alexander di Capri, der den Pilatus gespielt hat, hatte ich mir im Vorhinein ein bisschen mehr erwartet.
Ich hatte ihn bisher noch nie live gesehen und war recht gespannt auf seine Auftritte.
'Pilates Dream' fand ich nicht so überzeugend, seine schnelleren Lieder hingegen haben mir besser gefallen.
Ich hatte den Eindruck, dass er sich sehr auf den englischen Text konzentrieren musste und so kam meiner Meinung nach der Gesang an sich etwas zu kurz.
Schauspielerisch hat er hingegen eine gute Leistung gezeigt und das Zusammenspiel mit Drew hat mir gut gefallen.
Die Verzweiflung und Ungläubigkeit bezogen auf Jesus' Verhalten konnte man wirklich gut nachvollziehen und das habe ich ihm auch voll abgenommen.


Zu Norbert Kohler, der den Petrus gespielt hat, kann ich nicht allzu viel schreiben.
Seine darstellerische Leistung war gut, gesanglich solide.
Bei 'Could we start again, please' hat er aber an einer Stelle nicht so hoch gesungen, wie ich das Lied eigentlich in Erinnerung hatte und das hat mir ein bisschen gefehlt.
Aber da das Lied sowieso zu meinen Lieblingsstücken bei JCS gehört, konnte er da gar nicht so viel falsch machen und seine Stimme hat mit der von Caroline Vasicek sehr schön harmoniert.


Herodes wurde von James Sbano gespielt und er hatte das Publikum sofort auf seiner Seite.
Stimmlich fand ich ihn wirklich toll und er hat es geschafft, bei seinem Solosong die gewisse 'Komik' hereinzubringen, ohne albern zu wirken.
Die Einlage mit der Sonnenbrille, die er dann auch Jesus aufgesetzt hat, war sehr passend um diesen zu demütigen.
Dass mit ihm aber durchaus nicht zu spaßen ist, wurde dadurch deutlich gemacht, dass er seine beiden ihn begleitenden Tänzerinnen zum Ende seines Songs bös zur Seite geschubst hat - da war es dann vorbei mit seiner Komik und das war sehr gut umgesetzt.
Alles in allem eine sehr gute Leistung und stimmlich war er wirklich in Höchstform.


Dennis Kozeluh als Kaiphas habe ich nun auch schon öfter in dieser Rolle gesehen und die Tiefe seiner Stimme ist schon beeindruckend.
Er hat seine Sache - wie immer - sehr gut gemacht, obwohl die Rolle für mich nicht ganz so viel hergibt.


Die Soulgirls (Cornelia Braun, Melanie Ortner, Marle Martens) haben tolle Stimmen und waren mit großer Spielfreude bei der Sache.
Die Choreographien haben sie natürlich gut beherrscht und unterstützt wurden sie von einem tollen Ensemble, das sehr stimmgewaltig und präsent agiert hat.
Ich fand es in diesem Jahr relativ 'voll' auf der Bühne, aber dementsprechend waren die Ensemble-Nummern sehr explosiv und stark intoniert, was dem Stück in diesem Jahr eine sehr hohe Qualität verliehen hat.
Aus dem Ensemble hervorheben möchte ich Robert D. Marx und Marle Martens, deren Stimmen mir sehr positiv aufgefallen sind.

Das Orchester hat sehr rasant und kraftvoll gespielt, aber stellenweise war es mir dann doch etwas zu laut.
Eine interessante und lustige Beobachtung habe ich am Freitag nach Drews 'Gethsemane' gemacht. Eine Dame des Orchesters hat nach dem Song ganz deutlich 'Puh' gemacht und sich so ein bisschen geschüttelt.
Ich hätte ja nicht gedacht, dass selbst die Orchestermitglieder so von Drews Leistung gepackt werden, das fand ich schon sehr interessant.

Sehr gut gefallen haben mir die brennenden Kreuze am Ende des Stücks. Dieses Knistern des Feuers in Verbindung mit Jesus' Tod hat wirklich eine sehr besondere Atmosphäre geschaffen!

Anmerkungen zu einigen Songs:
Der Beginn mit 'Heaven on their minds' hat mir sehr gut gefallen und ich finde, dass das Mischa Mangs bester Song war.

'This Jesus must die' war wirklich gut gesungen und die Herren haben sich da auch irgendwie gegenseitig beflügelt, ihr Bestes zu geben.

Ein wirkliches Highlight war für mich 'Simon Zealotes', bei dem Rob Fowler sehr genial war und besonders gut gefallen hat mir dann direkt daran anschließend 'Poor Jerusalem', was Drew so schön gesungen hat, das war wirklich ein Genuss!

Besonders beeindruckend war auch 'The temple' und Drews Töne dabei waren schon etwas ganz Besonderes. Diese Stelle im Stück war auch sehr genial von Drew gespielt, da waren seine Emotionenen regelrecht greifbar. Wie er diejenigen, die ihn bedrängen erst geheilt hat um dann zu merken, dass es einfach zu viele sind, war von Drews Darstellung her einfach eine Klasse für sich.
'The last supper' schließt sich hieran nahtlos an und nun frage ich mich, was man nun noch zu 'Gethsemane' schreiben kann.

Vielleicht bringe ich es ganz einfach auf den Punkt - ich habe in den ganzen 8 Jahren, in denen ich intensiv unzählige Musicals gesehen habe, NOCH NIE etwas Besseres und Beeindruckenderes auf der Bühne erleben dürfen! Drews Stimme und Darstellung sind einzigartig und ich bin einfach nur froh und glücklich, dass ich bei dieser außergewöhnlichen künstlerischen Darbietung in der ersten Reihe sitzen durfte!

Gesanglich hat Drew nach 'Gethsemane' ja nicht mehr besonders viel zu tun, aber dafür konnte er schauspielerisch alles zeigen und das ging von der Demütigung bei 'King Herods Song' über die Geißelung bei 'The 39 lashes' (und vor allem da!!) bis hin zur Kreuzigung und seinen Tod wirklich unter die Haut.

Ansonsten haben mir noch 'Peters Denial' und 'Could we start again please' gut gefallen und vor allem bei letzterem hat Caroline Vasicek sehr schön gesungen.

'Judas' Death' und 'Superstar' waren nicht so ganz nach meinem Geschmack und ich habe mir dabei wirklich gewünscht, dass es möglich wäre, dass Drew beide Rollen gleichzeitig singen könnte, aber diesen Wunsch hege ich wohl nicht alleine.

Und damit schließt sich der Bogen der Beschreibung meiner Faszination für Drews Leistung in meinem Bericht und ich hoffe sehr darauf, Drew im nächsten Jahr wieder in dieser Rolle erleben zu dürfen!

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Re: JCS Ostern 2011 - Bericht

Beitragvon Elphaba » 04.05.2011, 23:07:19

Dankeschön für deinen laaaaaaangen Bericht! :)

Am Anfang hab ich gedacht: "Hat da außer Drew überhaupt noch jemand mitgespielt?" :lol:

Aber dann kam da ja noch mehr! :mrgreen:

Schön, dass du auf die anderen Darsteller auch noch eingegangen bist! :)
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Re: JCS Ostern 2011 - Bericht

Beitragvon Lyra » 17.05.2011, 13:32:08

Ja, so ähnlich ergings mir auch.

Sorry Leute, ich hab diesmal keinen gscheiten Bericht ;)
When I look into your eyes
I can see a love restrained.
But darlin' when I hold you
Don't you know I feel the same.
'Cause nothin' lasts forever.
And we both know hearts can change.
And it's hard to hold a candle
In the cold November rain.

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Re: JCS Ostern 2011 - Bericht

Beitragvon Elisabeth » 06.07.2011, 17:32:59

"Vor dem Genie ist die Mittelmäßigkeit sehr verlegen"

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