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Elisabeth - Düsseldorf 10. April, Nachmittagsvorstellung

Verfasst: 11.04.2010, 22:08:31
von JackMalone
„HERRLICH EXZENTRISCH“ - „Elisabeth - Die wahre Geschichte der Sissi“
Capitol-Theater Düsseldorf, Reihe 4 - Parkett Links, PK1

„Elisabeth“ - Die Tour-Version. Bereits viel von gehört: kritische und lobende Worte wie Meinungen über Fehlbesetzungen, Schwächen einer Tour-Produktion - genauso auch Texte über ein phantastisches Ensemble und unvergessliche Stunden. Aber auch mit Eindrücke durch YouTube-Videos und dem Gedanken an die Ur-Fassung hieß es nun nach gefühlt ewiger Wartezeit sich selbst ein Urteil bilden...

B E S E T Z U N G

HAUPTROLLEN
ELISABETH Annemieke van Dam :-)
DER TOD Carl van Wegberg
LUIGI LUCHENI Bruno Grassini
KAISER FRANZ JOSEF Markus Pol
ERZHERZOGIN SOPHIE Christa Wettstein
HERZOGIN LUDOVIKA/FRAU WOLF Susanna Panzner
HERZOG MAX Thomas Bayer
KRONPRINZ RUDOLF Thomas Hohler
RUDOLF ALS KIND Tim Lambertz

ENSEMBLE HERREN
GRAF GRÜNNE Stuart Sumner
KARDINAL RAUSCHER Lars Rindelaub
FÜRST SCHWARZENBERG Guido Gottenbos
BARON KEMPEN Patrick Stamme
BARON HÜBNER / TODESENGEL Stefan Stara
JOURNALIST Martin Markert
MAX VON MEXICO / TODESENGEL Ronnie Wagner
UNGARISCHER ADLIGER / TODESENGEL Roel Bakkum

ENSEMBLE DAMEN
GRÄFIN ESTERHAZY Esther Hehl
HELENE / TODESENGEL Nadine Gabriel
FRÄULEIN WINDISCH Alice Macura
FANNY FEIFALIK / TODESENGEL Sophie Blümel
GRÄFIN SZTARAY Cornelia Uttinger
GOUVERNANTE Stephanie Sturm
MARY VETSERA / TODESENGEL Claudia Wendrinsky
HOFDAME Angela Hunkeler

SWINGS
Lieselot Meurisse

DIRIGENT
Hauke Wend

DAS THEATER
In einem unscheinbar erscheinenden ehemaligen Straßenbahndepot, mit einer antiken Tram vor der Tür und einem recht großen ‚Annemieke van Dam-Foto‘ an der Fassade, so präsentierte sich das Capitol-Theater. Durch eine gläserne Eingangstür, über der noch einmal der Name des Hauses stand konnte man den Vorraum Betreten und schon der erste Moment im Theater war ein kleines „Wow“- Gefühl. Von außen in rotem Backstein relativ unauffällig gehalten, zeigte man sich innen mit schmalem roten Teppich, dunkelbraunem Holz und einem Tiefen schwarz - Eine sehr eindrucksvolle Atmosphäre die über die schwächen des Gebäudes gut hinwegtäuschte und so einen Bleibenden Eindruck hinterließ. Auffallend, es roch leicht nach Kino. - Popcorn! Ein wenig ungewöhnlich, da mir dies in dieser Form noch in keinem Theater aufgefallen war, nach genauerem Umsehen bemerkte man auch die Bar, einige schwarze Sessel und den Merchandising stand. Die Frage nach einer Cast-Liste wurde leider enttäuscht, da wie erwartet der Kopiere noch immer nicht funktionstüchtig war, er habe wohl den letzten Umzug nicht ganz überlebt, wie die sehr freundliche Dame am Stand Auskunft gab. Sie war so freundlich und bot an, die Besetzungsliste per Mail zu schicken - Es gab eine Liste in die man sich eintragen konnte und schwupps, am nachfolgenden Tag um Punkt 14.30 Uhr war die Lise auch schon im Postfach.

Ansonsten war die Atmosphäre sehr gut, der Theatersaal war erwartungsgemäß recht klein und mit blauen Sesseln ausgestattet. Die Bühne war sehr dicht (das Orchester wurde im Keller versteckt) und wirkte auf meine Empfinden lediglich etwas hoch. Kritikpunkt: Ein sehr geringer anstieg der Sitze war sicher für etwas weiter hinten gelegene Plätze nicht ganz von Vorteil, mir in Reihe 4 soll es aber egal gewesen sein. Des weiteren war besonders beim ersten „Die Schatten werden länger“ im 1. Akt und bei „Wenn ich Dein Spiegel wär“ im 2. Akt leider ein hintergründiges rauschen wahrzunehmen, das bei diesen recht leisen Nummern bemerkbar wurde - klang wie eine Art Klimaanlage, oder ähnliches, den meisten Theaterbesuchern sollte es aber wohl nicht aufgefallen sein. Eine weitere negative Anmerkung, es sind doch tatsächlich Zuschauer mit Popcorn und Brezeln im Theatersaal gesehen worden - unfassbar sich sowas zu leisten, hätte ich die neben mir gehabt hätt‘ ich nach dem Besuch das Theater mit ein paar Feinden mehr verlassen. Das diese Leute aber auch reingelassen wurden fand ich nicht ganz so prickelnd...

DAS STÜCK
Nach allen Bedenken über eine Tour-bedingte Light-Versin kann in nun sagen: Sensationell. Klasse Bühnenbilder mit einer sehr schlichten, aber gut gewählten Ausstattung, ein gekonntes Lichtspiel und super in Szene gesetzte Darstellern, auf denen der Fokus lag. Mir persönlich hat das Bild sehr gut gefallen, lediglich die Schattenspiele gegen Ende des Ersten Akts gingen ein bisschen unter. Im Unterschied zum von YouTube gekannten Berliener-Tour-Bühnenbild fehlte jedoch die blaue Elisabeth- Silhouette, die bei geschlossenem Vorhang sowie den Stücken „Wie Du“ und „Kitsch“ zum Einsatz kam, in wie weit diese bei anderen Tour-Stationen zur Verwendung kam kann ich nicht beur teilen.

„Wie Du“ erschien daher auf der gesamten Bühne mit dem Bild der folgenden Stücke im Hintergrund leicht verloren und der Szenenwechsel aus der Totenwelt zum Ufer des Starnberger Sees wirkte dadurch zu hart. Die Abgrenzung vom Ufer zu Schloß Possenhofen („Wie Du“) ging ein wenig verloren, was aber sicher Erstbesuchern weder auffallen, noch Kenner groß stören sollte. Anders zu beginn des 2. Aktes: „Kitsch“ - Eine Zugangstür am Rand fliegt auf und Lucheni stürmt herein. Mangels Silhouette spielt er diesen Song fast komplett im Publikum, was an dieser Stelle hervorragend wirkte.
Meine persönlichen Highlights der Inszenierung bilden die „Fröhliche Apokalypse“ und der „Totenwalzer“.Aber auch andere Ensemblenummern wie „Milch“ oder aber ganz klassisch „Der letzte Tanz“ waren hervorragend umgesetzt.

DIE DARSTELLER ...First-Cast, bis auf Carl van Wegberg als ‚Tod‘ :-)..

Annemieke van Dam: Ich war sehr überrascht, Ihren Namen auf der Besetzungsliste zu lesen, da ich eigentlich eher mit Alice Macura als Elisabeth gerechnet hatte, da Annemieke Samstag Nachmittag ja meist Ihre Off-Show hat. Ich war schon echt ein wenig traurig, sie eventuell nicht zu sehen wodurch die Freude, als sie auf der Cast-Liste stand umso größer war. Zurecht. Wahnsinn was sie aus der Rolle rausgeholt hat. Der Wandel vom jungen, naiven, verträumten Mädchen, über die verzweifelte Mutter bis zur verbitterten Frau, es hat einfach alles gepasst - Sowohl darstellerisch als auch gesanglich hätte ich nicht gedacht, das sie die Entwicklung so toll verkörpern kann, echt „Wow“. Einsame Spitze - besonders der Schluss-Ton bei „Ich gehör nur mir“ und der Charme, den sie ausgestrahlt hat.

Carl van Wegberg: Auf Ihn hatte ich mich eingestellt, da ja der Termin bereits seit einigen Wochen fest stand. Ich war ein wenig zweifelnd muss ich zugeben, nach dem lesen einiger Kritiken über ihn und der Enttäuschung darüber Oliver nicht sehen zu können. Ich war echt gespannt, aber als er ganz zu Beginn die Feile herunterkam stockte mir der Atem - Ich weiß nicht mal wieso, aber ich hatte das Gefühl zittern zu müssen - die Vorbehalte waren verflogen und ich war echt beeindruckt. Gesanglich eine sensationelle Leistung, sehr dynamisch aber auch sehr kraftvoll und vielseitig, besonders bei „Wenn ich Tanzen will“ und „Am Deck der Sinkenden Welt“ hat man erkannt wie vielseitig seine Stimme ist,Töne wurden super getroffen und besonders „Der letzte Tanz“ wirkte sehr eindrucksvoll - Mit super Schlusston! Auch hat man gemerkt das seine Stimme gut mit Annemieke harmoniert hat, wenn auch nicht ganz so genial wie mit Thomas Hohler: „Die Schatten werden länger“ war echt Wahnsinn, die Beiden haben super zusammengepasst.

Darstellerisch hat er den Tod sehr souverän und kalt, fast arrogant angelegt, was mir überwiegend sehr gefallen hat. Teilweise hätte ich Ihn mir vielleicht noch verführerischer vorgestellt, ebenso wie mir vielleicht ein paar Ecken und Kanten gefehlt haben, wenns auch trotzdem echt toll und insgesamt dennoch sehr stimmig war.

Bruno Grassini: DIE Überraschung des Abends.Wow. Okay, dieses Wort hab ich nun schon mehrmals verwendet, aber... WOW! Es bestand echt die Gefahr, das er dem Rest des Casts die Show stiehlt, was nur nicht der Fall war, da durchweg eine super Besetzung gespielt hat. Aber Bruno war schon echt eines der Highlights: sehr Stimmgewaltig, diabolisch und doch charmant. Eine klasse Darbietung die an Enthusiasmus und Authentizität kaum zu überbieten ist. „Kitsch“ und fast sämtliche Nummer wirkten gekonnt und großartig - lediglich bei „Milch“ war er mir ein klein wenig zu unpräsent, was aber bei weitem nicht ins Gewicht fällt, da seine Vorstellung einfach klasse war!

Markus Pol: Kräftige Stimme, sensationelle Bühnenpräsens und klasse Schauspiel. Er hat wirklich super in diese Rolle gepasst - seine Stimme hat dem Kaiser fast mehr Leben gegeben, als möglich war. Er hat super mit Annemieke harmoniert und es wirkte alles sehr angenehm anzusehen/-hören.

Christa Wettstein: Eine schaurig kalte Erzherzogin, die Spannungen zwischen ihr und Annemieke standen wie Rauch in der Luft, als würde es gleich uns allen um die Ohren fliegen. Darstellerisch echt klasse, Stimmlich jedoch sehr zwiespalten: Ihre ‚quäke‘-Stimme passte einerseits sehr gut zur
verbitterten Sophie und fügte sich darstellerisch super hinein, andererseits hat der sehr nasale Gesang in meinen Ohren nicht wirklich schön geklungen, ich hätte mir hier lieber eine Stimme in Richtung Susan Rivava-Dumas gewünscht.

Thomas Hohler: Ebenfalls ein super Sänger - Die Stimme eindrucksvoll stark in „Die Schatten werden länger“ (super Harmonie mit Carl van Wegberg) und gefühlvoll verzweifelt in „Wenn ich dein Spiegel wär“. Man hat Ihm die Rolle voll abgenommen und im Duett mit Annemieke wäre mir doch fast eine Träne rausgerutscht - was schon etwas heißen soll. Darstellerisch eine Überragende Leistung mit Gesichtsausdrücken, die Gänsehaut vermittelt haben und einem „Totenwalzer“ als absolutes Highlight.

ENSEMBLE U. SONSTIGE ROLLEN
Das gesamte Ensemble wirkte total gut aufeinander Abgestimmt und entführte einen buchstäblich in eine fremde Welt. Alles hat gepasst, die Stimmen waren kraftvoll und harmonisch und das Theater wurde so in eine dramatisch-sensationelle Stimmung versetzt. Besonders die Kafferhaus-Szene und „Milch“ brachten zum Ausdruck was das Ensemble kann. Mir ist besonders Patrick Stamme aufgefallen, der stimmlich immer mal wieder in Erscheinung trat und auch Darstellerisch auf sich aufmerksam machte, sein „Herrlich Exzentrisch“ aus der „Fröhlichen Apokalypse“ ist daher auch zum Titel meines Berichts geworden :-)

Ansonsten noch positives ist über Ester Hehl als Gräfin Esterhazy anzumerken, die in „Unsere Kaiserin soll sich wiegen“ einfach stimmlich eine exzellente Performanz ablieferte. Ebenfalls Susanna Panzner überzeugte als Frau Wolf vollends und machte auch dieses Stück zu einem unvergesslichen Teil der Inszenierung.

MEIN FAZIT
Ein phantastisches Stück in einer sehr angenehmen Inszenierung, die vor allem durch den Fokus auf die Darsteller besticht, die durchweg eine hervorragende Leistung abgeben. Ein insgesamt phantastisches Cast. Über Oliver als ‚Tod‘ hätte ich mich noch mehr gefreut, wenn auch Carl van Wegberg hier eine sehr gute Figur abgab und mit dem „letzten Tanz“ einen echt mitriss.

Bruno Grassini als die Überraschung des Abends war echt packend, mehr als ich vermutet hätte und gab einen wunderbaren Lucheni, der einen ebenso wie das phantastische Ensemble aus dem Alltag entriss. Das Ensemble war sehr überzeugend und lieferte eine klasse Show ab - lediglich das „Deck der Sinkenden Welt“ hätte ich mir deutlich dramatischer gewünscht, wenn auch die Lösung dieser Version trotzdem gut vertretbar war.

Und zuletzt noch einmal etwas zu Annemieke. Es ist der Wansinn was sie aus der Rolle macht, ich bin echt begeistert - so stelle ich mir Elisabeth vor und ich möchte nochmal sagen wie überglücklich ich bin, sie gesehen zu haben. Ihr Schauspiel lässt einen echt alles vergessen und Ihre Stimme klingt wunderbar, sie allein ist es schon wert dieses Stück zu besuchen!

Ich hoffe der Text kann verdeutlichen wie ich mich im Theater gefühlt habe, denn ich hab es als sehr emotionalen Moment empfunden und hoffe dies ein wenig eingefangen zu haben. Da es mein erster Bericht ist würde ich mich über ein Feedback und Anregungen freuen - Für Fragen steh ich natürlich auch zur Verfügung (=

Liebe Grüße,
JackMalone

Re: Elisabeth - Düsseldorf 10. April, Nachmittagsvorstellung

Verfasst: 11.04.2010, 23:03:11
von Kitti
Danke für deinen Bericht. Schon wieder bin ich etwas neidisch, ich würde ja so gern Annemieke und Carl zusammen sehen!

Re: Elisabeth - Düsseldorf 10. April, Nachmittagsvorstellung

Verfasst: 12.04.2010, 00:59:45
von Elphaba
Auch von mir vielen Dank für den schönen Bericht! Ja, was du verdeutlichen wolltest, ist dir durchaus gelungen gut darzustellen! :D