Hier mal ein kurzer Eindruck zu der Vorpremiere von Shakespeares Romeo und Julia in Bad Hersfeld.
Schon im Vorhinein haben wir Motorengeräusche und quietschende Reifen gehört, was uns nicht gerade freudig gestimmt hat. Was hatten denn Roller mit R&J zu tun?
Als wir rein konnten, wurde unsere „Befürchtung“, dass wir Karten für die letzte Reihe hatten, war. Immerhin konnten wir mit zur Seite gedrehten Kopf den Eingang überblicken, worauf ich später auch noch mal zurückkommen werde.
Bevor es losging, sahen wir schon rote Mülltonnen auf der Bühne stehen und zwei junge Männer mit schwarzen (Leder-)Klamotten und Sonnenbrillen, der eine hatte auch nen Nietengürtel um, auf der Bühne herumspazieren. Später kamen noch so zwei solcher Gestalten hinzu.
Es begann mit dem Prinzen von Verona, der von einer Frau gespielt wurde, die den Einleitungssatz brachte, nachdem eine kleine Kapelle gespielt hat, die ihn/sie dann verbesserten, dass das Stück nur 2 statt 3 Stunden gehe, was ein lustiger Start war.
Um nicht alles auseinander nehmen zu müssen, fasse ich das Wichtigste etwas zusammen.
Gleich zu Beginn gab es einen Streit zwischen Montague und Capulet, wobei es schwer zu entscheiden war, wer zu welchem haus gehört und wer die Leute waren.
Dann kam auch bald Romeo, in Jeans und mit Brille, auf der er zwischenzeitlich rumkaute, was vielleicht seine Liebe zu Rosalinde ausdrücken sollte. Mercutio, ebenfalls von einer Frau gespielt und in schwarzen Klamotten, fing dann an ihn zu sticheln und ziemlich aufgedreht auf der Bühne herumzuhüpfen. Während eines Monologes über Liebe und Triebe begann sie dann Romeo halb auszuziehen. Den Sinn dieser Szene blieb uns allen verwährt.
Immer wieder lustig war Peter, der Diener (oder sollte ich schreiben die Dienerin?) der Capulet. Er oder sie (wie auch immer) hat zum einen sehr lustig gespielt und zum anderen war die Rolle an sich auch für ein paar Lacher gut. Sie bekam vom Grafen Capulet einen Zettel, auf dem die Namen standen, die sie einladen soll. Nun, da sie nicht lesen kann, hat Romeo, den sie zufällig (auf einem Roller fahrend) getroffen hatte. Schön gespielt, wie sie versuchte ich die ganze Liste zu merken. Da ich grad bei ihr bin, fallen mir noch drei lustige Szenen von ihr ein. Später gabs wieder ne Liste und da setzte sie sich eine Brille auf, konnte es aber dann noch immer nicht lesen, zerriss dann wütend das Papier, sehr lustig. Irgendwann rannte sie einmal quer über die Bühne, von rechts kommend und links die Rampe hoch, wieder heraus. Welcher Sinn dahinter streckte, blieb mir verborgen, aber da gab es (aus welchem Grund auch immer) das erste Mal Applaus. Als die Amme sie irgendwann vors Tor schickte, stellte sie sich an die Burgmauer und malte ein Tor, versuchte dann die Tür zu öffnen und malte sich, als das erfolglos blieb, scheinbar ein Schlafplätzchen, zu lustig!
Auf dem Ball der Capulet ging die erste Begegnung von Romeo und Julia gehörig nach hinten los, ähm nein, zur Seitenbühne. Man bekam die ersten Blicke überhaupt nicht mit, plötzlich holte Romeo schon Julia zu sich ganz nach rechts an den Rand. Als beide miteinander sprachen, kam die Kapelle auf die Bühne, spiele und ein kleines Mädchen sang „naa“ dazu. Somit war es unmöglich die beiden Liebenden zu verstehen, wenn man sie schon kaum gesehen hat. Sehr schlecht umgesetzt.
Romeos Liebe nahm man ihm nicht ab. Er war viel zu selbstverliebt und schwebte überhaupt nicht auf Wolke Sieben. Mercutio behauptete zwar fest, dass nur „Meo“ da sei, „Ro“ wäre wo anders, aber so recht hat man es ihm nicht angesehen. Später hatte Romeo auch keine Brille mehr auf. Liebe macht wohl so blind, dass die Brille auch nichts mehr genutzt hätte…
Julia war in dieser Beziehung allerdings noch unglaubwürdiger. Da war nichts von Verliebtheit, gar nichts. Sie wurde nur immer gleich hysterisch und hat herumgeschrieen, so wie bei der ersten Nacht mit Romeo, der da nur in einer weißen Unterhose auftauchte. Außerdem nahm Julia nach der gemeinsamen Nacht ein Bad in den Fontänen, was echt nicht schlecht aussah, aber sicherlich kalt war. Manche Lehrer meinten über sie, dass sie „grottenschlecht“ besetzt war. Wirklich gut fand ich sie auch nicht. So wenig Gefühl, zu seltsam gespielt, hat mir nicht gefallen. War kein kleines, unschuldiges, verliebtes Mädchen…
Die Hochzeit war auch noch so eine schlecht inszenierte Szene. Den Pater hat man erstmal als solchen überhaupt nicht erkannt, schmieriger Typ in schwarzen Klamotten mit Ketten um den Hals, absolut nicht glaubwürdig. Die Hochzeit ging unter. Ich weiß nicht mehr genau, was war, aber die Kapelle hat glaube wieder gespielt, während der Pater die beiden stumm getraut hat…
Die Schlacht auf den Straßen begann mit den gehörten quietschenden Reifen, da Mercutio ein paar mal heftig auf die Bremse trat und mit dem Hinterrad rumrutschte. Mercutio wurde dann auch erstochen, woraufhin Romeo Tybalt erschoss. Ich frag mich immer wieder, ob nicht ein Schuss auch reichen würde, dann sind doch schon alle wach… Nein, er brauchte noch 3 weitere, um ihm zu „erschlagen“.
Das Ereignis, was sich mitten während der Vorstellung ereignete und wohl am meisten im Gedächtnis geblieben ist, passierte jenseits der Bühne. Ein älterer Mann ca. 10 Reihen vor uns bekam einen epileptischen Anfall. Man hörte nur einen Pfiff und irgendwer schrie: „Rotes Kreuz, hierher, schnell“. Die Szene ging in Gewusel unter. Alle drehten sich zur Seite und die Schauspieler mussten weiter spielen. Irgendwann, als der Mann schon Richtung Ausgang gebracht worden war und Julia auf die Bühne kam, hob der Regisseur die Hand und meinte: „Einen Moment mal, bitte. Ich glaube da ist was passiert.“ Blitzmerker… Kurz darauf ging es allerdings schon weiter, wobei sich das kurz verzögerte, da irgendwer nicht mehr auf seinem Platz war. Dann ging auch endlich hinter uns das Licht an. Für ein paar Momente konnte man sich nicht so ganz entscheiden, ob die Tragödie vorne oder das tragische Ereignis hinter einem interessanter war. Übrigens brauchte der Krankenwagen über 10 Minuten, nachdem der Mann schon nach hinten getragen worden war, um endlich da zu sein. Erst hörte man die Sirene, dann sah man das Blaulicht.
Um mal wieder zum Stück zurück zu kommen. Was fehlt noch? Ja, die anderen Charaktere. Die Mutter von Julia war vollkommen überzogen und schräg dargestellt. Sie wuselte immer ein wenig hyperaktiv über die Bühne und hatte die schlimmsten Kostüme überhaupt an. Das Kostüm der Amme war auch fehl am Platze. Sie hat zwar gut gespielt, aber viel zu undeutlich gesprochen. Graf Paris war sehr blass, man hat ihn kaum wahrgenommen. Balthasar, der Diener Romeos, war ebenfalls nicht auffällig und lief nur ein paar Mal hinter ihm her.
Als Julia, bei der ich mich immer wieder gefragt hat, ob es etwas bedeutet, dass irgendwas auf ihrem Shirt stand, dann scheintot war, besorgte sich Romeo das Gift bei einem jüdischen Apotheker, der wieder von der selben wie Mercutio gespielt wurde. In der Gruft kämpften Paris und Romeo dann noch mit Holzschwertern, woraufhin Paris erstochen wurde und auf den Boden neben Julia gelegt wurde. Was das sollte, haben wir uns schon währenddessen gefragt. Romeos und Julias Tod war dann recht unspektakulär. Interessanter wurde es, als alle gestanden hatten, was abgelaufen war und die beiden aufgestanden und durch den mit Feuer erfüllten hinteren Raum der Bühne nach hinten gelaufen und verschwunden sind.
Es sei noch mal auf die Kapelle einzugehen, die total genervt hat, da immer, wenn sie gespielt hat, die Schauspieler nicht mehr zu verstehen waren. Der Ton war auch sehr zu bemängeln. Scheinbar wollte man an Technik sparen und auf natürliche Kulisse setzen, weshalb ohne Mikros gespielt wurde, was zur Folge hatte, dass wir kaum etwas verstanden haben. Einige Monologe oder Dialoge entzogen sich komplett unserer akustischen Wahrnehmung.
Um mal ein kleines Fazit zu geben, lässt sich zusammenfassen, dass die Besetzung nicht gerade gut gewählt war. Der Ton ließ sehr zu wünschen übrig. Es war keine total moderne, aber auch bei weitem keine Klassische Inszenierung. Es war nichts Halbes und nichts Ganzes. Zu sagen Tybalt wurde erschlagen, wobei er eindeutig erschossen wurde oder mit Rollen und Fahrrädern über die Bühne zu fahren, fand ich nicht angebracht. Die Mülltonnen haben auch mehr gestört, als dass sie ins Bild passten oder gar nützt waren (außer als Podest). Die Kostüme waren ebenfalls nicht angemessen und kaum eines hat wirklich zur Situation gepasst. Die Tatsache, dass drei Männer von Frauen gespielt wurden, hat weniger gestört, als erwartet. Mercutio und Peter waren beinahe die einzigen, die ein wenig überzeugen konnten, auch wenn man nicht so ganz weiß, warum es so gewählt wurde. Die Handlung an sich wurde gestrafft und die Personen nicht augenscheinlich genug eingeführt, so dass man, hat man das Stück nicht gelesen oder den Film nicht gesehen, große Schwierigkeiten hat, der Handlung zu folgen, wie einige Mitschüler berichteten. Gefallen hat es niemandem, mit dem ich danach gesprochen hab, wirklich. Meine Deutschlehrerin meinte, dass alle Rollen versucht haben ein wenig schräg zu sein, aber nichts zusammen gepasst hat. Auch die restlichen Kommentare gingen so in diese Richtung. Mir selbst hat es auch nicht gefallen, weder von der Inszenierung noch der Besetzung. Diese Inszenierung war wieder ein Beispiel dafür, dass Hersfeld sich nicht mit Glanz rühmt, wie meine letzten beiden Eindrücke leider auch schon waren. S bleibt für alle, die sich Romeo und Julia in Bad Hersfeld anschauen nur sehr zu hoffen, dass sich alle Schauspieler steigern und das ganze vielleicht doch noch ein Stücke zusammengehöriger wird.
Ich hoffe dieser kurze Einblick in die Inszenierung zeigt ein wenig das Bild, welches ich von dem Stück bekommen habe, wobei ich nicht selten auf meinem Platz saß und mich fragte in welchem Stück ich doch sei…