Beitragvon Ceytlin » 31.12.2014, 02:27:23
Was abstoßend ist und was nicht liegt im Auge des Betrachters - ich finde sie in Leipzig richtig gut gemacht, Magdeburg fand ich manche Rollen nicht ganz so gut besetzt, was aber Geschmackssache ist, und die Kostüme und das Bühnenbild waren nicht ganz so mein Geschmack, es war aber dennoch gut gemacht und mit Mühe inszeniert .
Ich finde, auch wenn einem etwas missfällt, sollte man bei der Kritik doch fair bleiben und einen gewissen Respekt wahren. Es ist doch noch ein Unterschied, ob ich sage mir gefällt etwas nicht oder mich schrecken die Bilder ab oder von kläglichem Versagen zu sprechen. Nur weil eine Inszenierung den eigenen persönlichen Geschmack nicht trifft, heißt das noch lange nicht, dass die Regisseure deshalb kläglich versagen. Keiner kann alle zufrieden stellen mit dem was er tut, da hat jeder seine eigene Sicht der Dinge, aber von kläglichem Versagen zu sprechen finde ich schon reichlich vermessen. Also ein Mindestmaß an Respekt sollte man den Machern und Mitwirkenden meiner Meinung nach schon entgegen bringen, und zwar auch dann, wenn man ihre Arbeit nicht überzeugend findet. Und nicht "einem" fällt bei den Fotos und Videos anderer Inszenierungen so gar nichts mehr ein, Dir (!!!) fällt dazu so gar nichts mehr ein.
Es gibt Leute, die genau die Fotos, die dich abstoßen, interessant und ansprechend finden (nein, ich spreche nicht von mir, habe aber auch von einem Liebhaber des Stücks auf die Fotos von Leipzig hin gehört, dass er findet es schaut richtig toll aus da. Und die Fotos aus Karlsruhe gefallen mir wiederum selbst nicht, aber das schaut eben nach einer Inszenierung aus, die nicht nach meinem Geschmack ist, kläglich versagt hat deshalb keiner). Und bei der Rocky Horror Show ist es nicht anders als bei anderen Musicals auch - man kann sie auf verschiedene Arten inszenieren, und jede Variante erfüllt bei einem Teil des Publikums die Erwartungen, bei einem anderen nicht. Manche hätten gerne möglichst 1:1 den Film und stören sich schon, wenn da ein blonder Frank auf der Bühne steht, andere sind da offener und erfreuen sich an dem, was eine Inszenierung von anderen unterscheidet. Das ist in Ordnung und liegt in der Natur der Sache. Aber nur weil etwas nicht so ist, wie es einem selbst gefallen würde, ist es noch lange nicht schlecht. Und ein Foto oder Video kann das Bühnenbild zeigen, sagt aber noch nichts darüber aus, wie gut oder schlecht die Rollen umgesetzt werden, darstellerisch und gesanglich. Natürlich mag man sich ein Stück, von dem einen die Bilder schon dermaßen abstoßen, dann nicht ansehen, das ist verständlich, darum geht es aber auch nicht. Was den eigenen Erwartungen und Geschmacksvorlieben nicht entspricht als klägliches Versagen abzuqualifizieren, hat aber mit anständiger Kritik nichts zu tun. "Klägliches Versagen" ist ein derart scharfes Urteil, dass es es ohne konstruktive Begründung nur unfair sein kann.
Immerhin hat der Regisseur dieser Behauptung nach ja nicht nur nicht sonderlich gut gearbeitet, nein er hat versagt, dazu auch noch kläglich. Um solch ein Urteil zu legitimieren, braucht es schon wirklich viel - Chaos auf der Bühne, Verstümmelung des Stücks, Einsatz richtig schlechter Darsteller und eine Häufung vermeidbarer Pannen, die eindeutig an einer schlechten Inszenierung liegen, dann könnte man sicher von kläglichem Versagen sprechen. Dass einem Bühnenbild und Kostüme nicht gefallen rechtfertigt ein derart vernichtendes Urteil hingegen in meinen Augen nicht, noch lange nicht, dazu muss dann schon ziemlich viel daneben sein, und mit daneben sein meine ich nicht neben dem eigenen Geschmack, sondern so, dass man auch objektiv, vom eigenen Geschmacksurteil unabhängig sagen könnte: Das war echt richtig Murks.
Und ich bin sehr für Pluralität. Dadurch, dass es verschiedene Inszenierungen gibt, können jene, die es interessant finden, unterschiedliche Herangehensweisen zu entdecken die Show auf immer wieder neue Weise kennenlernen. Wer die Tour verpasst, aber das Stück selbst gerne mal sehen mag, kann es an einem Stadttheater ansehen, zu moderaten Preisen. Da kann sich auch der ein Ticket kaufen, für den die Tourproduktion zu teuer ist, sodass grundsätzlich mehr Leute die Möglichkeit haben, und nicht alle werden von den Produktionen an diversen Stadttheatern enttäuscht sein, Leipzig ist beispielsweise immer komplett ausverkauft, und manche schauen es da mehr als einmal. Damit möchte ich keinesfalls das Stück bewerben. Aber würde tatsächlich klägliches Versagen der Regisseurin vorliegen, wäre es nicht ein Dauerbrenner und mehrmals jährlich ausverkauft. Und würde es sich in Magdeburg um klägliches Versagen handeln, hätte man sich wohl eher nicht aufgrund des Erfolgs entschieden, es 2015 nochmals zu spielen, dann wären die Kritiken nämlich vernichtend und es gäbe nicht bereits Ticketkäufe für den Sommer. Auswahl sehe ich positiv, wo man es sich dann anschaut oder nicht, kann dann ja jeder für sich selbst entscheiden.